Interview mit den drei "Radlstars"
Umstieg aufs Fahrrad macht Spaß und bringt durchweg positive Erfahrungen
Beim „Stadtradeln“ in Pfaffenhofen erklärten sich drei Stadträte bereit, als „Radlstars“ im Aktionszeitraum vom 6. bis 26. Juli das Auto komplett stehen zu lassen und alle Wege mit dem Fahrrad bzw. Bus und Bahn zurückzulegen: Markus Käser und Martin Rohrmann (beide Pfaffenhofen) sowie der berufsmäßige Stadtrat, Stadtbaumeister Gerald Baumann (er wohnt in Ingolstadt) hielten ihr Versprechen und ließen drei Wochen lang ihr Auto stehen. Jetzt erzählten sie von ihren Erfahrungen und beantworteten ein paar Fragen.
War’s schwer ohne Auto auszukommen?
Baumann:
Ich hab das Auto keine Minute lang vermisst, allerdings hat meine Frau an einem Wochenende die Getränketragerl geholt.
Käser:
Überhaupt nicht! Ich musste einige Termine etwas anders planen und mir eine Regenjacke in den Rucksack packen, aber sonst überhaut kein Problem. Termine in München oder Ingolstadt fahre ich ohnehin schon immer mit dem Zug und öffentlichen Verkehrsmitteln. Auch das Einkaufen ging an sich reibungslos. Für größere Einkäufe über zwei Taschen hinaus musste allerdings jemand einspringen. Besonders komisch fand ich, dass wir ja nach den Vorgaben nicht einmal sinnvolle Fahrgemeinschaften bilden durften. So bin ich beispielsweise auf Grillparties, auf welchen meine Partnerin und ich miteinander eingeladen waren, extra mit dem Rad gefahren, obwohl damit ja keine Autofahrt gespart wurde. Selbiges zu politischen Terminen, zu welchen ich auch eine Mitfahrgelegenheit bei Kollegen bekommen hätte.
Rohrmann:
Aus persönlicher Sicht war es sehr leicht den Alltag ohne Auto zu bestreiten. Allerdings mussten einige Voraussetzungen geschaffen werden, um die Aufgabe, drei Wochen ohne Auto auszukommen, erfüllen zu können. An allererster Stelle ist die Ehefrau zu nennen. Es müssen Einkäufe vorgenommen, die Kinder zu Terminen gefahren, Familienbesuche sowie sonstige private oder familiäre Verpflichtungen koordiniert werden. Darauf hatte die Familie über drei Wochen hinweg Rücksicht zu nehmen.
Aus beruflicher Sicht war mein Vorteil die Selbständigkeit, so dass ich selbst über die Termine und die Zeit, die man für das Radfahren verwendet, bestimmen konnte.
Gesundheit und körperliche Fitness sind Voraussetzung, auch der Spaßfaktor spielt eine Rolle, ebenso wie der Wille, etwas für sich und für die Umwelt zu tun.
Wo lagen die größten Probleme?
Baumann:
In der Logistik. Jeden Tag das entsprechende Gewand in den Rucksack, das dann verknittert war. Und der Zeitaufwand: Mit Duschen in der Früh bei den Kollegen von der Gartenschau war ich über vier Stunden unterwegs.
Käser:
Zu allererst muskulär. Das hat sich aber schnell verbessert und ich konnte schon nach einer Woche jeden Berg und Hügel locker erklimmen.
Des Weiteren habe ich die rücksichtslose Fahrweise von einigen Autofahrern am eigenen Leib erfahren. Beispielsweise ist es ein kleines Abenteuer als Radfahrer ungeschoren durch unseren Kreisverkehr an der Scheyerer Straße zu kommen. Aber auch die ÖPNV-Situation in Richtung des nördlichen Landkreises habe ich als katastrophal empfunden. Zum Beispiel musste ich nach Manching zu einer Kreistagssitzung. Da es keine Direktverbindung aus der Kreisstadt gibt, fuhr ich mit dem Zug nach Ingolstadt. Von dort aus 7 km mit dem Radl nach Manching. Insgesamt 1 Stunde 15 Minuten Fahrzeit. Dasselbe gilt andersherum. Kein Wunder also, dass sich der Landkreisnorden nach Ingolstadt orientieren muss.
Rohrmann:
Grundsätzlich gab es keine Probleme, sofern man seine unmittelbare Umwelt – privat wie beruflich – auf die Aufgabe vorbereitet hat und sie mit einbindet. Das größte Problem beim Radfahren waren in keinster Weise die Autofahrer oder die sonstigen Verkehrsteilnehmer, auch nicht die Hitze. Allein die Windverhältnisse bereiteten Probleme, den selbst auferlegten Kilometer-Schnitt zu halten und Kilometer herunterzureißen.
Hatten Sie ein besonders positives Erlebnis oder eine positive Erfahrung?
Baumann:
In der Früh kurz nach 6 mit dem Radl im Wald bei Forstwiesen und Sonnenaufgang, das war der Hit. Und außerdem war die Radlfahrt im Gegensatz zur Autobahn absolut entspannend.
Käser:
Meine Wadl haben jetzt 3 cm mehr Umfang. Mein Bauch 3 cm weniger.
Ich habe auch unsere Stadt und die Umgebung ganz neu wahrgenommen und konnte viele Anregungen zur Verbesserung der Radl-Situation in Pfaffenhofen sammeln.
Rohrmann:
Die körperliche Fitness nahm zu (trotz gefühlter drei Wochen Oberschenkel- Muskelkater). Eine Gewichtsreduzierung war festzustellen. Besonders positiv bleiben in Erinnerung die vielen Erlebnisse der Rad-/Rennradfahrer, die man auf Strecken getroffen hat und sich mit ihnen über Fahrraderlebnisse ausgetauscht hat. Alle waren hilfsbereit.
Werden Sie nach den Erfahrungen der letzten drei Wochen in Zukunft Ihre Verkehrsmittelwahl verändern?
Baumann:
Täglich mit dem Radl von Ingolstadt nach Pfaffenhofen hin und zurück ist keine Lösung auf Dauer. Aber eine Kombination aus Radl und Zug kann ich mir sehr gut vorstellen. Ich werde mir jetzt für August eine Monatskarte für den Zug kaufen und öfter die Woche mit dem Radl heimfahren. Vielleicht ist das ein Zukunftsmodell. Einen Wunsch hätte ich: Die Bahn sollte die Radlkarte deutlich günstiger anbieten (4,05 Euro von Ingolstadt nach Pfaffenhofen, einfach!)
Käser:
Ich radle auf jeden Fall weiter und werde mich außerdem für eine verbesserte ÖPNV-Situation im Landkreis, sowie für mehr Radlbewusstsein bei unserer Stadtplanung einsetzen.
Rohrmann:
Letztendlich hat sich gezeigt, dass viele Wegstrecken, auch wenn sie länger sind, mit dem Fahrrad unproblematisch zu bewältigen sind. Der Zeitverlust ist zumeist marginal. Dabei war für mich der Ehrgeiz hilfreich, eben nicht auf den ÖPNV umzusteigen, sondern sämtliche Fahrstrecken mit dem Fahrrad zurückzulegen. Wichtig ist auch die Erkenntnis, dass jeder Einzelne so radeln und so schnell, viel, wenig, langsam fahren soll, wie er will. Hauptsache, man fährt.
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