Fließwasserretter - mit allen Wassern gewaschen

Gruppenfoto der frisch gewaschenen Fließwasserretter

Als definitiv nicht wasserscheu konnten sich drei unserer erfahrenen Wasserretter am ersten Maiwochenende beweisen: Andreas Oberhauser, Dominik Schmidt und Leonhard Rebmann nahmen in Bad Reichenhall am Lehrgang "Fließwasserretter" teil, bei dem es hauptsächlich um das Erlernen von Fähigkeiten zur Rettung aus schnell strömenden Gewässern ging. Zusammen mit acht weiteren Wasserwachtlern aus ganz Bayern wurde ein dreitägiger Ausbildungsmarathon durchlaufen:

Am Anfang stand ein Vormittag voller Theorie, bei der Themen wie Gewässerkunde, Grundregeln und Ausrüstung erklärt wurden und mit eindrucksvollen Videos die Kraft des Wassers gezeigt wurde. Nach dem gemeinsamen Mittagessen wurde es dann ernst: Auf das Anlegen des Wasserretteranzuges im Freien bei Regen folgte das Wurfsacktraining im Flussbett der Saalach. Anschließend ging es zum ersten Mal ins Wasser: Im knapp acht Grad kalten Wasser zeigte sich bei den ersten Durchgängen im aktiven und passiven Schwimmen, wie groß die Kraft eines Fließgewässers eigentlich ist: Selbst im nur knietiefen Wasser am Ausstiegsbereich war das Aufstehen nur schwer möglich. In mehreren Durchgängen konnte nun praktisch das Retten einer Person mit einem Wurfsack geübt werden, wobei sich auch hier wieder die starke Kraft der Strömung zeigte. Als Höhepunkt des ersten Tages stand als letztes noch das Nachtschwimmen auf dem Programm: Mit Einbruch der Dunkelheit ging es nach Schnaitzlreuth. Zunächst war wieder Schwimmen angesagt: Im durch Schmelzwasser merklich abgekühlten Fluss wurde zunächst in völliger Dunkelheit und später unter Einsatz der Helmlampen nochmals das Schwimmen in der Strömung und das Retten mittels Wurfsack unter erschwerten Bedingungen wiederholt. Zum Abschluss des ersten Tages gab es noch eine Einsatzübung zur Personensuche. In einem Bereich von ca. 1,5 Kilometern musste der Uferbereich der Saalach und des Weißbaches nach einem vermissten Kajakfahrer abgesucht werden. Erst gegen Mitternacht ging es, wieder nach dem Umziehen im Freien bei Regen, zurück zum Hotel.

Aufgrund des starken Regens musste am zweiten Tag improvisiert werden: Statt am Wasser, fand die Erklärung der Knoten- und Seilsysteme unter dem Parkplatzdach eines leer stehenden Supermarktes statt. Dabei wurden verschiedene wichtige und nützliche Knoten geübt und Seilsysteme aufgebaut: Neben einfachen Sicherungssystemen standen auch Flaschenzüge mit verschiedenen Übersetzungen und Aufbauarten an. Diese Systeme konnten dann nachmittags praktisch umgesetzt werden. Bei Unken nahe der österreichischen Grenze war es Ziel einer weiteren Einsatzübung, eine sogenannte Tyrolienne über die Saalach zu spannen. Dabei wird ein Statikseil durch Schwimmer zum gegenüberliegenden Ufer gebracht und im spitzen Winkel zur Strömung gespannt. Eingehängt in dieses Seil wird man - ohne selbst schwimmen zu müssen - von der Strömung zum anderen Ufer gezogen. Von einem Felsblock aus wurde außerdem die Sprungrettung geübt, eine der riskantesten Methoden der Strömungsrettung: Mit einem Wurfsack gesichert gilt es, so an eine vorbeitreibende Person zu springen, dass man diese zu fassen bekommt. Die am Felsen sichernden Kameraden halten nun das Sicherungsseil auf Spannung und pendeln den Retter so in das nach dem Felsen liegende ruhige Kehrwasser. Sowohl für die Springer, als auch für die Rettlinge und Sicherer war es wieder eine interessante Erfahrung zu spüren, welche enorme Kraft auf Personen in der Strömung wirkt.

Am Sonntag ging es um 8:30 Uhr morgens wieder nach Schnaitzlreuth. Unter der Brücke über die Saalach war ein Rohrstück in die Hauptströmung gehängt worden, welches ein Hindernis an der Wasseroberfläche darstellen sollte, beispielsweise einen verklemmten Baumstamm. Im ersten Durchgang wurde dieses Rohrstück angeschwommen und versucht, sich daran festzuhalten. Die meisten Teilnehmer wurden hierbei nach kürzester Zeit von der Strömung unter dem Rohrstück durchgezogen. Im zweiten Durchgang wurde nun versucht, in aktiver Schwimmlage das Hindernis zu überwinden, was wieder nur wenige schafften. Bei einem realen Hindernis hätte man nur einen Versuch, nach oben über das Hindernis hinwegzukommen. Alles andere hätte sehr wahrscheinlich einen tödlichen Ausgang. Eine andere große Gefahr konnte in der zweiten Übung hautnah erlebt werden: Nachdem wieder in einer Einsatzübung eine Tyrolienne über den Fluss gespannt worden war, wurden die Teilnehmer wie am Tag zuvor mit dem sogenannten Cowtail der Rettungsweste in diese eingehängt. Allerdings stoppten die Ausbilder mitten in der Hauptströmung die Überquerung, sodass man ohne Ausweg in der Strömung hing und unter Wasser gezogen wurde. Als einzigen Ausweg aus dieser Situation musste man nun den Panikverschluss der Weste öffnen, sodass das Cowtail von der Weste getrennt wird und der Schwimmer wieder freikommt. Die schiere Gewalt des Wassers und die absolute Hilflosigkeit in dieser Situation waren wieder eine wichtige Erfahrung für alle. Am Nachmittag stand als letzte Einheit der Umgang mit dem Schlauchboot (Raft) auf dem Programm: Als erste Übung wurde mit dem Boot der Fluss überquert, um am gegenüberliegenden Ufer einen verletzten Kajakfahrer bergen zu können. An der Tyrolienne ging es wieder zurück. Die Übungen zum Halten des Bootes in der Flussmitte mit zwei oder vier Sicherungspunkten scheiterten knapp an der starken Strömung. Zu guter Letzt galt es noch, den Aufbau einer Seilfähre zu bewältigen: Dabei wird ein Seil im rechten Winkel zur Strömung gespannt und an einer Laufkatze das Boot angehängt. Damit ist man fähig, das Boot von jeder Seite zu sich zu ziehen und somit eine Fähre aufzubauen.

Als letzter Teil ging es nach knapp sechs Stunden im und am Wasser zur Theorieprüfung, welche alle Teilnehmer bestanden haben. Nach der gemeinsamen Korrektur konnten die Zertifikate ausgegeben werden, bevor es wieder in Richtung Heimat ging.

Dass in Pfaffenhofen Gebirgsbäche oder gar eine Klamm vergeblich zu suchen sind, ist allgemein bekannt. Warum die Ausbildung trotzdem sinnvoll ist, zeigt folgendes Beispiel: Wasserretter dürfen in fließenden Gewässern nur bis zu einer Fließgeschwindigkeit von maximal 1,5 m/s eingesetzt werden, was ungefähr schnellem Fußmarsch entspricht. Bei Hochwassern, welche in den letzten Jahren immer öfter auftraten, überschreitet bereits die Ilm in Pfaffenhofen diesen Wert. Für eine Personenrettung aus der Ilm hätte in dieser Situation auf Kräfte aus Ingolstadt gewartet werden müssen. Das Aufgabengebiet der neuen Fließwasserretter wird folglich hauptsächlich auf örtlicher und überörtlicher Hilfe bei Hochwassereinsätzen und daraus resultierenden Großschadenslagen liegen. Außerdem wurden sinnvolle und praktische neue Rettungsmethoden und Seiltechniken erlernt, welche auch den übrigen Pfaffenhofener Wasserrettern nützlich sein werden.

Weitere Informationen zur Ortsgruppe finden Sie unter www.wasserwacht-pfaffenhofen.de.

Autor:

Wasserwacht Pfaffenhofen aus Pfaffenhofen

Michael-Weingartner-Str. 9, 85276 Pfaffenhofen
info@wasserwacht-pfaffenhofen.de
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