Stadtbücherei
Lesetipps für den Juni
Thomas Engelhardt, Monika Osberghaus: Im Gefängnis
Ein Kinderbuch über das Leben hinter Gittern
Klett Kinderbuch
Der Ort, den man nicht kennt
Dieses Sachgeschichtenbuch nähert sich auf kindgerechte Art und Weise einem sensiblen Tabuthema unserer Gesellschaft - dem Strafvollzug. Es zeigt, wie wenig Faktenwissen die meisten von uns darüber haben, wie weit wir das Thema von uns wegschieben und wie nah es doch sehr schnell sein kann, wenn jemand aus dem persönlichen Umfeld plötzlich straffällig wird. In Deutschland gibt es rund 100.000 Kinder und Jugendliche, von denen ein Elternteil im Gefängnis sitzt. Exemplarisch wird in diesem Buch die fiktive Geschichte der achtjährigen Sina erzählt, deren Vater aufgrund seiner Spielsucht straffällig wird. Er wird zu drei Jahren Haft wegen schwerem Raub verurteilt. Sina ist verunsichert, schämt sich, kämpft mit widersprüchlichen Gefühlen. Ihr Papa ist doch ihr Papa! Trotzdem hat er was ganz Schlimmes getan und sie versteht, dass er dafür bestraft werden muss. Aber es fühlt sich auch an wie eine Strafe für sie selbst. Dabei hat sie doch gar nichts getan!
Gemeinsam mit Sina durchleben die Leser*innen alle Vorgänge von der Verurteilung über die lange Zeit im Gefängnis bis hin zur Bewährung und Entlassung. Auch wenn die Geschichte von Sinas Familie letztlich eine hoffnungsvolle ist, werden unangenehme Themen nicht ausgespart. Die vielen Sachinformationen vermitteln ein realistisches Bild über den Ort hinter Gittern, den man „normalerweise“ nicht kennt, und schaffen Empathie für betroffene Familien, ohne Kriminalität zu verharmlosen.
Ein sehr gelungenes, sehr gut recherchiertes Buch – nicht nur für Kinder.
Elisabeth Brendel (Stadtbücherei)
Robin Gardiner: Die Titanic-Verschwörung
Die Nachricht vom Untergang der Titanic, damals des größten Passagierschiffes der Welt, ging 1912 um den Globus und auch heute kennt fast jede/jeder den Namen und das Schicksal des Transatlantik-Liners. Viele Millionen Kinobesucher haben den mit 11 Oscars prämierten Film von Regisseur James Cameron gesehen. Der Autor beschreibt den Ablauf des kurzen Lebens des Schiffes vom Bau bis zum Untergang und weiter zur Hebung hunderter Wrackteile 1985. Viele Hintergrundinformationen wurden ausgewertet, sowohl technischer Natur als auch was Eigentumsverhältnisse und Versicherungsangelegenheiten anbelangt. Die Tatsache, dass kurz vorher das Schwesterschiff Olympic vom Stapel lief und mehrmals durch Fahrfehler eigenen Personals beschädigt wurde bestärkt den Autor in der Meinung, die Namen und die Identität der Schiffe seien vertauscht worden, um für den beschädigten Dampfer eine hohe Versicherungsentschädigung herauszuschlagen. Kritiker dieser Betrugstheorie halten allerdings dagegen, man hätte die Olympic stattdessen auch absichtlich anzünden können, da Brände auf Schiffen damals oft ausbrachen. Weiter recherchierte das Team um Gardiner, dass einige hochrangige Passagiere kurz vor der Jungfernfahrt wieder ausgestiegen sind, war das ein Indiz dafür, dass die Prominenz von dem Betrug wusste? Und warum wurde der Kapitän von den Schiffseignern dazu gedrängt, mit voller Kraft zu fahren, obwohl die Gefahr von Eisbergen durch Nachrichtenübermittlung bekannt war? Warum wurde ein Begleitschiff auf dieselbe Route geschickt? Um die Passagiere nach einer Kollision zu retten? Diese und weitere Vorfälle bestärken das Autorenteam in der Verschwörungstheorie der Titanic.
Für die Leserin/den Leser ist Spannung garantiert, ganz gleich ob sie/er eine Affinität zur Seefahrt hat oder nicht.
Manfred Wittmann
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