Interview zur Heizungsmodernisierung
„Wärme- und Mobilitätswende dahoam“
„Wärme- und Mobilitätswende dahoam“ – so nennt Familie Martini ihr Projekt. Sie haben auf ihrer Doppelhaushälfte in Pfaffenhofen so viele PV-Module wie möglich installiert. Um den eigenen Strom gut zu nutzen, haben sie die Gasheizung durch eine Wärmepumpe ersetzt und ein E-Auto angeschafft. Oberndrein sind Heizung und Warmwasserbereitung nun viel effizienter.
"PV auf's Dach - so viel wie möglich"
Sie haben Ihr Haus aus dem Jahr 1996 bereits 2022 energetisch umgerüstet. War es denn schon nötig?
Dieter Martini: Nein, nötig war das nicht. Beweggrund für uns war die staatliche Förderung. Wir haben 30 Prozent bekommen. Und ich habe auch meinen Vater überredet, der hatte eine vierzigjährige Ölheizung im Keller. Ich habe damals gesagt, ich weiß nicht, wie lange es diese Förderung noch gibt, weil irgendwann, bin ich der Meinung, läuft sie aus. Und dann muss man es machen, und bekommt nicht einmal mehr Förderung.
Welche Rolle hat dabei der Klimaschutz für sie gespielt?
Dieter Martini: Das war definitiv eine Überlegung. Ich habe langjährige Daten verglichen, wieviel Sonneneinstrahlung wir hier in der Gegend haben, um zu wissen wieviel reinkommt an Energie und wieviel ich selbst verbrauchen will. Da habe ich mir riesige Tabellen angelegt und hin und her gerechnet – und uns dazu entschieden, das zu machen. Das war eindeutig die richtige Entscheidung, ja.
Marianne Martini: Und da kam ja noch der Ukraine-Krieg hinzu, der Gaspreis ging in die Höhe.
Sie haben gesagt, Sie haben viel gerechnet im Vorfeld. Wo und wie haben Sie sich denn informiert?
Dieter Martini: Also meine beste Information kam von einem Anwender, der auch so einen Solaranlagen-Typ hatte und die Daten seiner Anlage öffentlich im Internet hatte. Ich haben gesehen, wieviel der produziert hat über mehrere Jahre. Dadurch wusste ich, was ich zu erwarten habe. Auf der Homepage des Herstellers hab ich dann ausgerechnet, wieviel wir bei dieser Sonneneinstrahlung hier erhalten. Trotz Gauben, und bei der Garage kommt die Sonne erst ab Mittag auf die PV-Module, aber trotzdem bringen die was.
Hatten sie noch irgendwelche Experten, die Sie herangezogen haben?
Marianne Martini: Wir hatten verschiedene Anbieter für Photovoltaik da, haben andere Angebote eingeholt.
Dieter Martini: Aber das ist alles nichts geworden.
Als erstes kam also die PV-Anlage. Wie sind Sie zu den anderen Maßnahmen gekommen, also sich eine Wärmepumpe zu holen und eine Wandheizung einzubauen?
Dieter Martini: Der Gedanke war, erst einmal Strom zu produzieren und Netzstrom zu sparen. Die PV war das erste, die Heizungsüberarbeitung war dann das nächste.
Hintergrund war hier, dass wir vom Gas wegkommen, weil es so teuer wird und wie ich vorher sagte, weil wir Angst hatten, dass irgendwann die Förderung komplett weg ist.
Wer hat sie da beraten oder wie haben Sie sich da informiert?
Dieter Martini: Das hab ich alles mit Kollegen und Freunden gemacht. Um die PV aufs Dach zu bauen, haben wir einen Bekannten gehabt und ich war sozusagen der Geselle. Den gesamten Heizungskeller haben wir über mehrere Monate an Wochenenden mit einem Vereinskollegen umgebaut, der vom Fach ist. Die ganze Planung habe ich natürlich mit dem Heizungsbauer zusammen besprochen. Ich hab ihm meine Ideen unterbreitet. Teilweise hat er gesagt: „Dieter, das geht nicht“. Dann haben wir es ausdiskutiert, er hat sein Fachwissen dazu gebracht und ich meine Wünsche. Wir haben dann Kompromisse gefunden und diese funktionieren einwandfrei.
Sie sagen, es hat funktioniert, aber viele schrecken ja vor dem Umstieg auf eine Wärmepumpe aktuell sehr zurück. Mit welchen Erwartungen sind Sie denn an das Ganze herangegangen im Vorfeld?
Dieter Martini: Vor allen Dingen nicht mehr so viel für Gas zu bezahlen und diesen Preissteigerungen ausgesetzt zu sein. Sowohl bei Gas als auch bei Strom. Und natürlich was für die Umwelt zu tun.
Hatten sie denn keine Bedenken, dass es vielleicht nicht klappen könnte?
Dieter Martini: Nein, ich habe mehrere Bekannte, die schon seit vielen Jahren Wärmepumpen nutzen und berichten, dass die einwandfrei laufen. Außerdem gibt es Berichte im Internet, wo ich mich wochenlang eingelesen habe und wusste, dass die viele Jahre zuverlässig arbeiten. Sie sind natürlich sauteuer, muss man sagen. Das ist das Negative, die Investition muss man sich auch erst einmal leisten können, aber von nix kommt nix.
Ein Umbau bedeutet viel Arbeit, viel Mühe, viel Dreck. Hat sie das irgendwie beeindruckt?
Marianne Martini: Dass es doch so lange gedauert – in dem Jahr haben wir ja so gut wie keinen Urlaub gehabt, da war man jedes Wochenende beschäftigt, nachdem ja alle noch berufstätig waren.
Dieter Martini: Und wir mussten ja das ganze Wohnzimmer ausräumen. Für die Wandheizung wird die ganze Wand angebohrt.
Sie haben im Wohnzimmer eine Wandheizung gemacht? Aber ansonsten die Heizkörper und die Fußbodenheizung blieben unangetastet, richtig?
Dieter Martini: Ja, einzig und allein der hydraulische Abgleich, der musste gemacht werden. Das rechnet der Heizungsbauer aus, der hat mir einen Zettel mit den Werten gegeben und ich habe dann die Einstellungen alle vorgenommen. Das ist kein großer Aufwand, muss aber gemacht werden, damit man die Förderung bekommt.
Sie haben ja neben der Gaszusatzheizung auch noch einen Kaminofen. Benutzen Sie ihn überhaupt?
Dieter Martini: In letzter Zeit immer weniger und seit wir die Wandheizung haben, muss ich sagen extrem wenig. Wenn die Kinder da waren, nach dem Motto mal Feuer gucken oder so. Ja, früher haben wir ihn öfter genutzt, aber in letzter Zeit immer weniger. Die Wandheizung ist schuld daran. warum? Weil es im Haus bedeutend kuschliger ist.
Früher, wenn die Wand kalt war, haben wir den Kamin angemacht, weil wir angefangen haben zu frieren. Das ist nicht, weil das Zimmer zu kalt war, wir hatten auch 22 Grad, aber es ist diese Kältestrahlung von der Wand und die können sie nicht unterbinden mit 22 Grad Celsius im Raum, sie haben die Kältestrahlung und fühlen es kalt.
Sie haben geschildert, sie wollten Energiekosten sparen. Hat sich das bestätigt?
Dieter Martini: Sehr.
Wir haben so gut wie keine Gaskosten mehr.
Zurzeit zahlen wir 15 Euro pro Monat dafür, also für Anschlussgebühr inklusive Gasverbrauch. Und da kriegen wir noch Geld zurück. Für Strom bezahlen wir zurzeit 75 Euro Monatsbeitrag für unseren Stromverbrauch, von der PV bekommen wir 87 Euro pro Monat vom Netzbetreiber zurück. Mit anderen Worten, wir machen Gewinn. (Lacht) Ich weiß gar nicht, ob man das schreiben soll, die Leute werden sonst neidisch.
Klingt ja fast zu gut, um wahr zu sein. Gibt es auch irgendetwas, wo es hakt?
Marianne Martini: Wie war das mit der Steuer?
Dieter Martini: Stimmt, am Anfang mussten wir ja den Strom noch versteuern. Ja, das ist ärgerlich, den eigenen Strom zu versteuern, aber seit Anfang 23 hat sich das erledigt. Ich habe immer gesagt, das hätte schon vor 20 Jahren passieren müssen. Dann würde unsere energetische Versorgung bedeutend besser ausschauen, denn das war auch für mich immer ein großer Hemmschuh, dass man mit dem Finanzamt zu tun bekommt, bloß weil man sich ein paar PV-Module aufs Dach setzt.
Wodurch man zum Gewerbetreibenden wurde für die Stromeinspeisung …
Dieter Martini: Richtig. Aber trotzdem, irgendwann haben wir es dann gemacht. Aber gut, inzwischen ist dieser Hemmschuh Finanzamt weg.
Haben Sie einen Stromspeicher?
Dieter Martini: Nein. Ich hätte gern einen gehabt, aber ich habe wiederum gerechnet, es ist mir zu teuer, es rentiert sich nicht.
Also ist die Kombination größere PV-Anlage mit Wärmepumpe die wirtschaftlichere Alternative? Und Sie haben ja auch noch auf ein E-Auto umgestellt. Wie läufts denn damit?
Marianne Martini:
Super, wenn man keine Tankstelle mehr anfahren muss.
Dieter Martini: Wir haben einen kleinen Wagen, mit 40 Kilowattstunden Akku – und wir haben keine Wallbox. Wir laden über die Schukosteckdose. Wir brauchen ihn nicht jeden Tag. Wenn man mal hundert oder zweihundert Kilometer gefahren ist, dann hat er genug Zeit, in der Garage zu laden. So können wir das Auto zu 90 Prozent mit Strom aus der PV-Anlage laden und nur zehn Prozent aus dem Netz. Wenn der Akku tatsächlich mal leer wird und wir kommen erst abends Heim und müssen am nächsten Tag wieder fahren, dann müssen wir mal aus dem Netz ziehen. Beziehungsweise im Winter, weil dann teilweise wochenweise nicht genug runterkommt. Von November bis Ende Januar wird’s eng mit dem eigenen Strom.
Marianne Martini: Da langts manchmal nicht mal zum Kochen. Ja, und ich lass die Spülmaschine und die Waschmaschine bevorzugt dann laufen, wenn die Sonne scheint. Wenn wir abends essen stelle ich die Teller bloß rein und am nächsten Tag wird gestartet. Genauso, wenn ein schöner Tag ist, dann lasse ich die Waschmaschine laufen und ansonsten warte ich noch. Es gibt noch genug Wäsche im Schrank.
Würden Sie alle Maßnahmen, die sie umgesetzt haben, wieder machen oder gibt es etwas, wo sie sagen, das hätten Sie besser anders gemacht?
Dieter Martini: Das Gegenteil ist der Fall.
Marianne Martini: Er überlegt ja schon, dass er noch mal Module auf den Schuppen draufbaut.
Dieter Martini: Deswegen sage ich, das Gegenteil ist der Fall.
Marianne Martini: Oder auf die Gauben auf der Nordseite, das würde ja auch was bringen, aber im Sommer braucht man es ja nicht.
Dieter Martini: Im Sommer können wir locker noch vier, fünf Haushalte versorgen. Überhaupt kein Problem. Im Sommer produzieren wir viel zu viel, aber die Anlage ist halt immer noch nicht groß genug für den Winter, wenn‘s Nebel hat und die Sonne so tief steht.
Worüber freuen Sie sich denn am meisten?
Dieter Martini: Sehr freue ich mich darüber, wenn ich hier die App einschalte von unserer PV-Anlage, das müssen Sie sich einfach mal anschauen. Da: 10,5 Kilowatt kommen gerade rein, 54 kWh haben wir schon produziert heute. Das Haus verbraucht im Augenblick drei Kilowatt, weil das Auto gerade lädt und acht Kilowatt exportieren wir. Man sieht auch, wie viel wir an dem Tag aus dem Netz gezogen haben.
Marianne Martini: Und hier, das ist das Schönste, hier sieht man die CO2-Einsparung.
Dieter Martini: 21 Tonnen CO2-Einsparung seit Inbetriebnahme, haben wir gespart. Da können wir uns direkt mal einen Flug auf die Malediven leisten …
Marianne Martini: Das ist ein Äquivalent von 629 gepflanzten Bäumen. Das rechnet auch die App aus.
Dieter Martini: Das ist halt so ein bisschen Motivation. Gleichzeitig hat diese Anlage auch eine Smart-Steuerung. Da haben wir Möglichkeiten, Strom zu sparen. Hier sieht man in der App zum Beispiel das Auto, das lädt jetzt, weil wir Überproduktion haben. Wir hatten einen Wassereinbruch im Keller vor einem halben Jahr bei heftigem Regen. Jetzt habe ich einen Entfeuchter laufen, aber immer nur, wenn genügend PV da ist. Der wird auch smart gesteuert vom Wechselrichter. Für den getrockneten Keller brauchen wir kein Jota aus dem Netz, das ist schon eine feine Sache.
Haben Sie noch eine Freude außerhalb der App?
Marianne Martini: Also man kann wirklich den ganzen Haushalt umstellen und das so machen, wie es für uns energetisch am günstigsten ist. Wir hatten ja, bevor wir die PV-Module gemacht haben, eine Solarthermie gehabt. Erst wollten wir das belassen und PV nur ringsum machen. Aber das hätte Probleme gegeben mit den Leitungen in den Keller, da braucht man ja andere. Und so hübsch waren die thermischen Kollektoren auch nicht mehr, sie waren ja schon 25 Jahre alt. Also haben wir sie abgebaut, so sieht das Dach hübscher aus, als wenn man zwei verschiedene Arten drauf hätte.
Und PV ist wahrscheinlich auch rentabler als die Solarthermie …
Dieter Martini: Die thermischen Kollektoren weg und die Fläche lieber für PV nutzen – die Performance war eindeutig. Denn Sie können den Strom bedeutend besser regeln über diese Smartsteuerungen. Mit der thermischen Anlage hat man entweder einen kochenden Puffer oder es kam nichts rein, wenn zu wenig Sonne war. Strom kann man regeln aufs I-Tüpfelchen, das ist bedeutend besser.
Marianne Martini: Du wirst richtig zum Jäger
Dieter Martini: Das macht Spaß, das ist der Kick dabei.
In zehn bis zwölf Jahren hat sich alles refinanziert.
Und: Wir haben viele Tonnen CO2 eingespart.
Was würden Sie denn anderen Hausbesitzern raten, die auch mit dem Gedanken spielen, ihre Heizung zu erneuern?
Marianne Martini: Wenn das Geld da ist, auf alle Fälle durchführen lassen.
Dieter Martini: Wir haben einen 1000 Liter Puffer zusätzlich eingebaut für die Heizung. Sprich, wenn genügend PV vorhanden ist, lasse ich die Wärmepumpe zusätzlich anspringen über eine Steuerung und heize den Puffer auf, soweit es geht. Am Abend und in der Nacht wird dann aus diesem Puffer geheizt. Erst, wenn nichts mehr da ist, würde die Heizung anspringen. Das passiert im Winter, wenn es mal minus zehn Grad draußen hat. Jetzt kann man wieder hoch und runter rechnen, lohnt sich der Puffer, bei den zweieinhalbtausend Euro, die er gekostet hat. Aber ich freue mich wie ein Schneemann, jedes Mal, wenn ich sehe, dass der Puffer voll ist und mein Haus darüber geheizt wird – unbezahlbar.
Was wäre Ihnen noch wichtig, anderen mitzugeben?
Dieter Martini:
PV aufs Dach, so viel wie möglich.
Nicht sparen an der PV, weil in der Zwischenzeit kann man ja 30 Kilowatt Peak draufsetzen und es ist immer noch steuerfrei. Also alles vollpflastern, das ist das einzig Vernünftige, was als Erkenntnis überbleibt nach den Jahren.
Es klingt so, als wären Sie rundum zufrieden. Sie nutzen so viel eigenen Strom aus der Photovoltaik wie möglich, setzen dafür auf Smart-Steuerung und haben auch Ihr Verhalten angepasst und sehen sich auch nicht irgendwie eingeschränkt, richtig?
Marianne Martini: Das ist richtig.
Dieter Martini: Es gibt keine Einschränkung, es ist alles da, nur von den Kosten, die wir jetzt für Energie haben, sind wir weit weg von früher. Wir verbrauchen jetzt nur 40 Kubikmeter Gas als Reserve, wo wir früher 2000 verbraucht haben. Also ich kann jedem nur raten, sich so etwas zu überlegen.
STECKBRIEF
Projekt: Wärme- und Mobilitätswende „dahoam“
HAUS
Gebäudetyp: Doppelhaushälfte
Ortsteil: Kernstadt
Anzahl der Bewohner: 2 Personen
Baujahr: 1996
Von jetzigem Eigentümer bewohnt seit: 1997
Wohnfläche/Nutzfläche: 200/100m²
MASSNAHMEN
Heizung: Umrüstung von Gas auf Wärmepumpe
Zusatzheizung: Gas, springt nur an sehr kalten Wintertagen an
Dämmung: Dach 12cm Styrodur
Fenstertausch: nein, Doppelverglasung seit 1996
PV-Anlage: 16,3 kWp Leistung, Modul-Fläche rund 80 m²
Solarthermie: wurde zugunsten von PV demontiert
Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung: noch nicht
Besonderheiten: Wandheizung im Wohnbereich, Frischwassermodul für Warmwasser, Kaminofen mit Wassertaschen
Mobilität: E-Auto Fahrleistung pro Jahr ca. 8.000km mit 90 % Strom aus PV
ENERGIEVERBRAUCH VORHER – NACHHER
Gas: 19.000 bis 22.000kWh/Jahr – 440 kWh (2023)
Strom: ca. 4.000 kWh/Jahr – Strom aus Netz: 2.717 kWh (2023)
SANIERUNGSKOSTEN
Heizung ca. 40.000 Euro; PV ca. 20.000 Euro
Höhe der Förderungen: 30 % für Heizung
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