Ein Abend ohne Zwischenfall - Viel Beifall für die Abschiedslesung der Lutz-Stipendiatin Laura Bärtle
Einen Blick auf Pfaffenhofen aus der Perspektive der von außen Kommenden, das ist es was sich die Stadt von den Lutz-Stipendiaten und ihrem Text, ihrem „Zwischenfall“ am Ende des jeweiligen Aufenthalts erhofft. Und das ist es, was Laura Bärtle am vergangenen Sonntag mit ihrem Text erfüllte, den sie vor dem Publikum im gut gefüllten Festsaal des Rathauses vorstellte.
Bürgermeister Thomas Herker freute sich bei seiner Begrüßung über den regen Besuch, das große Interesse am Stipendium und über die sehr lebendige Tradition – Laura Bärtle ist die mittlerweile sechste Stipendiatin des 2014 eingeführten Stipendiums. Es sei immer wieder eine Freude, den Text für Pfaffenhofen bei dieser Gelegenheit am Ende des Kultursommers zu erleben.
Auch Kulturreferent Steffen Kopetzky, der anschließend die Moderation des Abends übernahm, freute sich über den Erfolg des Stipendiums und warf einen Blick in die Zukunft: Es werde ein Erlebnis sein – das immer schon im Konzept des Stipendiums angelegt war –, wenn in einigen Jahren die gesammelten Texte der Lutz-Stipendiaten veröffentlicht und den Pfaffenhofenern damit ein Blick auf die Stadt im Spiegel der Zeit und durch die Augen der Schriftsteller möglich werde. Er stellte die aktuelle Stipendiatin als eine zwar recht junge Autorin vor, deren zur Bewerbung eingereichter Text allerdings die Jury vollkommen überzeugt habe, aufgrund ihres ganz eigenen Tons und der sehr klaren und präzisen Sprache.
Eine kurze Lesung aus „Aneinander vorbei“ machte denn auch Lust auf den „Zwischenfall“ – der, wie sich herausstelle, kein Zwischenfall war! Laura Bärtle begann mit einem erzählerischen Kniff: Zu Beginn bezeichnete sie den Text als ihre Rechtfertigung und Entschuldigung dafür, keinen Zwischenfall vorstellen zu können. Trotz geduldigen Wartens und Ausschauhaltens auf denselben, sich auf Hilde Domins Formulierung „Nicht müde werden, sondern dem Wunder leise, wie einem Vogel, die Hand hinhalten“ berufend, sei kein Zwischenfall im Sinne des Wortes während ihres Aufenthalts passiert.
Tagebuchartig, essayistisch angehaucht anhand verschiedenster Stationen führte ihr Text im Anschluss durch die Zeit ihres Aufenthaltes und durch die Stadt; eine literarische Wanderung durch Pfaffenhofen, getragen von ihrem ganz speziellen Ton und dem Blick einer Freiburgerin auf die oberbayerische Kleinstadt. Von den Überlegungen zur merkwürdigen Dichte an Friseursalons und das Unverständnis über die Struktur der lokalen Geschäftsöffnungszeiten, der besonderen Rolle von Bier und dem Volksfest oder Gedanken zu einem Aspekt der Pfaffenhofener Mentalität, der sich auf „Ja mei. Passt (scho).“ reduzieren lässt, bis hin zur Betrachtung des vielschichtigen Begriffs Heimat: Bärtle lässt sich durch Pfaffenhofen treiben und charakterisiert die Stadt detailliert durch dieses collage-artige Aneinanderreihen verschiedenster Themen. Und das nicht ohne leicht kritische Töne anzuschlagen: Der Begriff Heimat scheint ihr manchmal sehr exklusiv zu sein, wenn beispielsweise „Zuazogne“ auch nach mehreren Jahrzeiten in der Stadt immer noch „Zuazogne“ bleiben. Und im Lutz’schen „Zwischenfall“ stört sie seine in ihren Augen fast schon chauvinistische Zeichnung der Frauencharaktere – auch wenn ihr bewusst ist, dass der Roman in damalige Gegebenheiten einzuordnen ist.
Ihren Aufenthalt im Flaschlturm und im dazu gehörenden Garten betrachtend fällt ihr auf, dass nicht nur sie versucht Pfaffenhofen zu beschreiben und zu begreifen, sondern wohl auch Pfaffenhofen die zugereiste Literatin: Nicht nur die besorgten Erkundigungen und das anhaltende Interesse an ihr und ihrem Befinden zeigen ihr dies, sondern auch die interessierten Passanten und die vielen Stadtführungen, die an ihrem Domizil vorbeikommen. Oft ist sie Thema der Vorträge, die sie durchs Küchenfenster hören kann, und amüsiert sich über die vielen Varianten falscher Informationen oder das recht naive Bild von der Arbeit von Schriftstellern. Die schönen Momente des Sommers in der Stadt schildernd gesteht sie sich doch letztlich ein, dass die Zeit des Aufenthalts wohl nicht ausreicht einen Ort richtig kennenzulernen, was ihren Text zu einer etwas längeren Postkarte aus dem Jahr 2019 mache.
Für das Publikum war es allerdings genau das, was sie sich erhofften: Eine Momentaufnahme Pfaffenhofens voller Details, die anhaltenden Applaus hinterließ sowie überschwängliche Rückmeldungen und einen Kulturreferenten, der sich sehr begeistert zeigte.
Nachdem sich Laura Bärtle am Montagmorgen vor ihrer Abreise noch ins Goldene Buch der Stadt Pfaffenhofen eingetragen hatte, verließ sie Pfaffenhofen.
Ab Ende August ist damit auch wieder die Bewerbungsphase für das Lutz-Stipendium für Literatur in Pfaffenhofen eröffnet. Informationen und Richtlinien zum Stipendium sind auf der Internetseite der Stadt zu finden unter www.pfaffenhofen.de/lutzstipendium.
Autor:Kulturamt Pfaffenhofen aus Pfaffenhofen |
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