Erik Wunderlich ist diesjähriger Joseph-Maria-Lutz-Stipendiat
Ende November endete der Bewerbungsphase für das Lutz-Stipendium. Seitdem war die Jury, bestehend aus dem ehrenamtlichen Kulturreferenten und Schriftsteller Steffen Kopetzky, dem Buchhändler Simeon Stadler und der Galeristin Lea Heib damit beschäftigt, die vielen Bewerbungen zu sichten. Ziel war es aus den knapp 80 Einsendungen einen geeigneten Kandidaten aus ganz Deutschland auszuwählen. Jeder Bewerber hatte hierfür bis 10 Normseiten Textprobe eingereicht, die der Sichtung und Prüfung bedurften.
Die Entscheidung in der finalen Sitzung fiel auf Erik Wunderlich.
Manuskript ausschlaggebend
In der letzten Sitzung diskutierte die Jury über einige wenige Finalkandidaten, die Ergebnis eines spezifischen Auswahlprozesses waren. Die Diskussion der Jury bewegt sich bei diesem Arbeitstreffen immer eng am Text: Es ist vor allem das eingereichte Manuskript, das letztendlich den Ausschlag für die Wahl gibt. Die Qualität des Textes wie auch die Prüfung, ob der Stil und die persönliche Perspektive des Schriftstellers mit seiner potentiellen Aufgabe als Stadtschreiber zusammenpassen, sind die wichtigen Überlegungen. Geprägt ist die Diskussion dabei immer auch von den extrem unterschiedlichen Positionen der Jury-Mitglieder.
Auch in diesem Jahr war es kein einfacher Entscheidungsprozess, der zur dennoch eindeutigen Wahl des Stipendiaten führte: Erik Wunderlich aus Freiburg.
Kurzgeschichte über Katastrophe
Der Text von Erik Wunderlich überzeugte die Jury mit seiner klaren, konzentrierten und dichten Prosa, der sie großes Potential für eine klassische Romansprache zu bescheinigte. Sein Text, der auch als Kurzgeschichte funktionieren könnte, beschreibt die Folgen eines Unfalls in einem Atom-Reaktor und dessen Folgen aus einer sehr persönlichen Perspektive. Eine Geschichte also, die durchaus aktuell sein könnte und eine kritische Haltung, die ebenfalls den Zeitgeist widerspiegelt. Der Erzähler schildert seine Erlebnisse und die seiner Freunde nach einem nicht näher geschilderten Unglück, das jedoch massive Auswirkungen auf die Gesundheit der Protagonisten hat. Dem Text gelingt es der Jury zufolge mit der detailreichen Schilderung aus der Sicht des Betroffenen in Verbindung mit seiner dichten Sprache einen persönlichen Eindruck von dieser dunklen Seite der Industriegesellschaft zu vermitteln und einen Katastrophenfall auch in Kurzprosa mit einem persönlichen Schicksal zu verbinden. Die Hilflosigkeit des Einzelnen angesichts eines solchen Unfalls und das Herausgeschleudert sein aus der schaffenden Rolle seien im Text Wunderlichs intensiv spürbar, so die Jury.
Die sprachliche Dichte und das Vermögen kurze Texte zu schreiben in Verbindung mit seiner thematischen Setzung überzeugte die Jury, Erik Wunderlich als Lutz-Stipendiatin für 2020 zu wählen. Diese Eigenschaften seien hervorragend dazu geeignet, einen „Zwischenfall“ – den vom Stipendiaten verlangten Text über Pfaffenhofen – zu schreiben.
Erik Wunderlich wurde 1983 im nördlichen Schwarzwald geboren. Er lebte lange Zeit in Berlin, wo er Physik und Psychologie an der Freien Universität Berlin studierte. Seit 2018 lebt er in Freiburg im Breisgau. Er veröffentlichte zahlreiche Lieder als Singer-Songwriter Kap Alamé. Seine Kurzprosa ist in mehreren Zeitschriften und Anthologien erschienen; zurzeit arbeitet er an seinem ersten Roman.
Erik Wunderlich wird voraussichtlich Anfang Mai als diesjähriger Lutz-Stipendiat in den Flaschlturm ziehen und die Sommermonate dort verbringen. Im Rahmen des Kultursommers wird er seinen Text über Pfaffenhofen, seinen „Zwischenfall“ dem Pfaffenhofener Publikum vorstellen.
Autor:Kulturamt Pfaffenhofen aus Pfaffenhofen |
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