Keine Mehrheit für ein Museum im Anbau der Spitalkirche
Stadtrat beschließt Einlagerung der Ausstellungsstücke
Ein Museum im Anbau der Spitalkirche wird es nicht geben. Nach ausführlicher und kontroverser Diskussion erteilte der Pfaffenhofener Stadtrat in seiner Sitzung am 18. Juni mit 16:12 Stimmen dem Konzept für ein Museum „Pfaffenhofen – Stadt, Land, Glaube“ eine Absage. Stattdessen wurde mehrheitlich beschlossen, dieses Konzept nicht weiter zu verfolgen, sondern gemeinsam mit dem Landkreis den Fundus des bisherigen Museums im Mesnerhaus einzulagern und regelmäßige Teilausstellungen daraus zu erarbeiten.
Das Konzept für ein neues Museum „Pfaffenhofen – Stadt, Land, Glaube“ im Anbau der Spitalkirche, das das bisherige „Museum für sakrale Kunst und Volksfrömmigkeit“ im Mesnerhaus ersetzen könnte, klang verlockend. Die Machbarkeitsstudie des Planungsbüros FranKonzept, die Dagmar Stonius ausführlich im Stadtrat vorstellte, war stimmig und vielversprechend. Und auch das bauliche Konzept, das der Architekt Dr. Norbert Bergmann erläuterte, stieß auf große Anerkennung. Dass das Projekt dennoch keine Mehrheit im Stadtrat fand, hatte vor allem zwei Gründe: Die Kosten sind zu hoch und die Räume im Spitalkirchenanbau sind zu klein.
Die Geschichte
Bürgermeister Thomas Herker leitete den Tagesordnungspunkt 3 der Sitzung am 18. Juni mit einem kurzen Überblick über die bestehende Museums-Problematik und ihre Vorgeschichte ein. Die Sammlung im Mesnerhaus, die seit 1978 von Stadt und Landkreis gemeinsam betrieben wird, kann seit ein paar Jahren aus statischen und brandschutztechnischen Gründen nicht mehr gezeigt werden. Eine Renovierung des alten Mesnerhauses würde rund 1,3 Millionen Euro kosten – allerdings gehört das Gebäude weder der Stadt noch dem Landkreis, sondern der Kirche. Bei der Suche nach einer anderen Unterbringung war man auf die Idee gestoßen, die Sammlung an ihren Ursprung zurückzubringen, denn bereits vor über 100 Jahren waren die religiösen Kulturgüter und Kunstgegenstände in Räumen des ehemaligen Franziskanerklosters bzw. des Spitals untergebracht.
Das neue Konzept
Dagmar Stonus vom Planungsbüro FranKonzept stellte ihr Konzept für ein neues Museum vor, dem sie den modernen Namen „Pfaffenhofen – Stadt, Land, Glaube“ geben würde. Sie erläuterte, dass Spezialmuseen ein großes Besucherpotential haben. Jährlich bis zu 4.000 Besucher plus Schulklassen und Gruppen stellte sie dem Pfaffenhofener Museum in Aussicht, wobei sie das Umfeld einer „traditionellen, reichen Glaubens- und Sakrallandschaft“ und der günstige Standort direkt am Hauptplatz, in unmittelbarer Nähe der Kirchen und des Hauses der Begegnung, als wichtige Pluspunkte ausmachte. Nach ihrer Einschätzung könnte das Museum mit anderen Museen und Kultureinrichtungen in Stadt und Region durchaus auf Augenhöhe kooperieren und sich als Bereicherung der themenspezialisierten Museumslandschaft profilieren.
Die gesamte zur Verfügung stehende Nutz- und Ausstellungsfläche bezifferte Dagmar Stonus mit 355 Quadratmetern, verteilt auf drei Stockwerke. Mit Foyer und Empfang, Garderoben und Museumsshop, Ausstellungs- und Veranstaltungsraum sowie „Pfaffengalerie“ und Multivisionsshow könnte die Sammlung wirklichen Museumscharakter bekommen. Und auch das Prälatenfenster zur Spitalkirche hin, den Zugang zur Orgelempore und die Krypta könnte man ins Museum mit einbeziehen.
Die Trägerschaft sollten Stadt und Landkreis auch beim neuen Konzept gemeinsam übernehmen. Eine professionelle Fachkraft in Teilzeit sollte das Museum betreuen, unterstützt von weiteren Teilzeitkräften und ehrenamtlichen Helfern. Das Museum sollte ganzjährig geöffnet sein und zwar mindestens an den Wochenenden von 10 bis 17 Uhr sowie darüber hinaus auf Anfrage bzw. bei Bedarf.
Die Kosten für die Einrichtung des Museums schätzte Dagmar Stonus auf 625.000 Euro, was etwa 1.500 Euro pro Quadratmeter entsprechen würde. Als Betriebskosten veranschlagte sie 67.000 Euro jährlich. Die Fertigstellung könnte eventuell bis Frühjahr 2017 erfolgen, sodass die Museumseröffnung am Internationalen Museumstag, dem 21. Mai 2017, erfolgen könnte, also pünktlich zum Beginn der Gartenschau in Pfaffenhofen.
Der Umbau
Das bauliche Konzept erläuterte Architekt Dr. Norbert Bergmann und er ging auf die schwierigen örtlichen Gegebenheiten ein, denn der Spitalkirchenanbau ist ein sehr schmaler Trakt mit einem langen Flur. Trotzdem könne der Architekt sich hier ein Museum durchaus vorstellen und er plädierte für ein hochwertiges Lichtkonzept mit viel Glas zum Hauptplatz und auch am hinteren Ende des Gebäudes. Inklusive Barrierefreiheit und Aufzug hielt Dr. Bergmann Baukosten in Höhe von 1,0 bis 1,2 Mio. Euro für realistisch. Bauherr wäre die Heilig Geist und Gritsch’sche Fundationsstiftung, die die Räume dann an Stadt und Landkreis vermieten würde.
Die Kosten
Nach den derzeitigen Schätzungen ergeben sich folgende Kosten, die sich Stadt und Landkreis je zur Hälfte teilen müssten: Für Museumsausstattung, Beleuchtung, Konzeption, Marketing wären einmalig 600.000 Euro notwendig. Jährlich wären etwa 100.000 Euro Miete und 67.000 Euro Betriebskosten zu zahlen. Hinzu kommt noch die Pacht für das Museumsdepot in Heißmanning in Höhe von 11.000 Euro jährlich. Für die Stadt Pfaffenhofen würde dies also eine einmalige Investition in Höhe von 350.000 Euro und jährliche Kosten von knapp 90.000 Euro bedeuten.
Die Diskussion
Die Machbarkeitsstudie und auch das bauliche Konzept des Museums fanden bei allen Mitgliedern des Stadtrates viel Anklang. Die hohen Kosten und der knappe Raumbedarf stießen allerdings auf zum Teil starke Bedenken. So ergab sich eine sehr kontroverse Diskussion mit viel Für und Wider.
Reinhard Haiplik (ödp) als Referent für Heimatpflege brach eine Lanze für das Museum, dessen volkskundliche, religiöse Ausrichtung eine wertvolle Gegenkomponente zu den modernen Ausstellungen des neuen Kunstvereins darstellen könnte. Er sah hier eine große Chance für ein schlüssiges Museum, die man nicht leichtfertig vertun sollte. Andernfalls, so fürchtete er, würden die Objekte nicht nur eingelagert, sondern verschwinden und vermodern.
SPD-Fraktionschef Markus Käser wies darauf hin, dass die Sammlung keine besonders wertvollen Stücke enthalte und daher sei sie „diese Art der Verpackung und diese Kosten nicht wert“. Zudem stünden die Kosten in keinem Verhältnis weder zu den Besucherzahlen noch zum ganzen Kulturhaushalt der Stadt.
Altbürgermeister Hans Prechter (CSU) appellierte an den Stadtrat, den Schritt mutig zu wagen und die Chance zu ergreifen, ein attraktives Museum zu bekommen. „Wir sollten Ja sagen – auch in dem Bewusstsein, dass es eine finanzielle Belastung ist.“
CSU-Fraktionssprecher Martin Rohrmann erläuterte, dass die CSU-Fraktion nach langer Diskussion geschossen hinter dem Museumsprojekt stehe. Zwar fehle den Stadträten das Fachwissen – „es geht um Glaube, denn wir können nur glauben, was die Fachleute sagen“– doch biete sich hier die Chance, Verantwortung zu übernehmen für die Zukunft.
Peter Feßl (SPD), der als Kind im Mesnerhaus gewohnt hatte, zeigte sich keineswegs überzeugt vom Konzept. „Es kann in der Fantasie funktionieren, aber nicht in der Realität“, meinte er und fügte hinzu: „Das war bisher eine Sammlung, kein Museum, und es wird wieder kein Museum werden.“ Die Räumlichkeiten sind seiner Meinung nach zu klein, um dem Anspruch an ein Museum gerecht zu werden. Zugleich würde ein großer Teil des Kulturetats auf Jahre hinaus gebunden. Und auch die in Aussicht gestellte Besucherzahl war ihm zu niedrig: „4.000 Besucher – die haben wir beim Kultursommer-Open-Air an einem Abend!“
Franz Schmuttermayr (CSU) als Referent für Stiftungsfragen sprach sich grundsätzlich für ein Museum im Spitalkirchenanbau aus, da damit ein Anziehungspunkt mitten in der Stadt geschaffen werden könnte. Allerdings würde er gern die Kosten reduzieren und fragte nach Einsparungsmöglichkeiten. „Packen wir’s an, für Pfaffenhofen wäre es eine Attraktion – aber nicht um diesen Preis!“
Kulturreferent Steffen Kopetzky (SPD) zeigte sich von der Qualität der Sammlung ernüchtert und hielt sie für nicht wert, dafür ein Museum zu bauen. Dennoch, so gab er zu bedenken, sei die Sammlung vor über 100 Jahren begonnen worden, viel Herzblut sei hineingeflossen und so gehöre sie zu Pfaffenhofen und solle auch gezeigt werden. Als „vernünftigen Weg, der der Sammlung angemessen ist“, schlug Kopetzky vor, zusammen mit dem Landkreis die Sammlung zu archivieren und einzulagern und dann aus dem Bestand immer wieder temporäre Ausstellungen zu verschiedenen Themen zu generieren.
FW-Fraktionssprecher Peter Heinzlmair plädierte angesichts der schwierigen Räumlichkeiten dafür, die Sammlung weiter fortzuführen, sie bei Bedarf auch an andere Gemeinden auszuleihen und zusammen mit dem Landkreis weiter nach geeigneten Räumen zu suchen.
Max Penger (CSU) zeigte sich sehr beeindruckt und restlos überzeugt von der Konzeption des neuen Museums – auch wenn er die hohen Kosten als „Wermutstropfen“ sah. „Wertvolle Möglichkeiten stecken in diesem Museum“, erklärte er, denn durch die neuen Zusammenhänge und die stimmige Präsentation würden die Ausstellungsstücke einen ganz anderen Wert bekommen. Penger war zudem überzeugt, dass das Museum in diesem Zusammenhang und an diesem Ort ein Besuchermagnet würde.
Barbara Breher (CSU) stellte ihren Wortbeitrag unter das Motto „von der Sammlung zum Museum“. Ihr gefiel die Idee einer „Pfaffen-Galerie“, die augenzwinkernd mit dem Namen „Pfaffenhofen“ umginge. Zudem müssten spannende Exponate ihrer Meinung nach nicht unbedingt wertvoll sein. Gerade die Einheit mit Spitalkirche und Stadtpfarrkirche wertete sie als besondere Chance für das Museum.
3. Bürgermeister Roland Dörfler (Bündnis 90/Die Grünen) sah das Thema sehr pragmatisch. Das Raumkonzept sei sehr beengt, die Investition und die Personalkosten seien einfach zu hoch. Sein Fazit: „Lassen wir die Kirche im Dorf!“,
Richard Fischer (ödp) war eher zwiegespalten. Das Konzept fand er durchaus überzeugend, angesichts der geringen Touristenzahlen würde das Museum aber fast nur für von Einheimischen besucht. Andererseits wäre die Sammlung in Gefahr, vergessen zu werden, wenn sie eingelagert würde. Fischer plädierte daher für einen Kompromiss und für deutliche Kosteneinsparungen. Eine Entscheidung wollte er an diesem Abend nicht treffen und beantragte eine Vertagung, die allerdings von den anderen Stadträten abgelehnt wurde.
Manfred „Mensch“ Mayer (GfG) würde sich mehrere Konzept-Varianten wünschen – nicht nur für eine Sammlung sakraler Kunst, sondern auch für ein Heimatmuseum. Bedenklich stimmte ihn aber auch der große Eingriff in den Kulturhaushalt.
Andreas Herschmann (SPD) machte sich für eine Vernunfts-Entscheidung stark, um nicht zu viele Haushaltsmittel für das Museum zu binden. Er schlug vor, die Sammlung einzulagern, temporäre Ausstellungen zu realisieren und auch gleich das Budget für eine erste Ausstellung bereitzustellen.
Die Abstimmung
Nach zweistündigen Erläuterungen und Diskussionen wurde abgestimmt. Der Beschlussvorschlag der Verwaltung, das Projekt Museum im Spitalkirchenanbau weiterzuverfolgen, wurde mit 16:12 gegen die Stimmen von Thomas Herker, Reinhard Haiplik und aller CSU-Stadträte abgelehnt. Mehrheitlich mit 17:10 beschossen wurde dann der Vorschlag von Steffen Kopetzky, das Konzept nicht weiterzuverfolgen, gemeinsam mit dem Landkreis den Fundus einzulagern und regelmäßige Ausstellungen daraus zu erarbeiten.
Autor:Bürgerservice Pfaffenhofen aus Pfaffenhofen |
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