Trachtenverein Ilmtaler im Portrait
Modernes Brauchtum leben

Sabrina und Stefan Hegenauer mit ihren Tächtern Katharina und Magdalena. | Foto: Thomas Tomaschek
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  • Sabrina und Stefan Hegenauer mit ihren Tächtern Katharina und Magdalena.
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„Ich habe heute ein Gemisch an. Meine Hose ist Miesbacher Tracht und das Oberteil Holledauerisch, der Hut ist privat. Das ist halt ein Bayrisches G’wand, so wie ich es gerne anziehe“, beschreibt Johannes Felbermeir, der 1. Vorsitzende des Trachtenvereins Ilmtaler sein Outfit. Den Pfaffenhofener Trachtlern ist Tradition und die richtige Tracht natürlich wichtig. Eine ebenso große Rolle spielt in dem Verein aber das Miteinander, der Einsatz für andere und für die Gemeinschaft sowie die Offenheit gegenüber Neuem. Das PAFundDU-Bürgermagazin stellt in diesem Monat einen Verein vor, der zwischen überlieferten Traditionen und einer unendlichen Vielfalt moderner Einflüsse einen festen Platz in der Pfaffenhofener Stadtfamilie einnimmt – und das nicht nur bei traditionellen Veranstaltungen, wie dem Maibaumaufstellen oder dem Auszug zum Volksfest.

Fein herausgeputzt

Für den Fototermin mit dem Bürgermagazin hat Familie Hegenauer natürlich ganz streng auf ihre Tracht geachtet. Die Eltern Sabrina und Stefan kommen festlich angetan in traditioneller Holledauer Tracht. Er mit der langen Ledernen, den Faltenstiefeln, dem Frack, dem Gilet – der Weste - mit den silbernen Knöpfen und mit Hut. Mama Sabrina trägt den langen Seidenrock mit Mieder, Miederkette, Schürze und Schultertuch sowie die charakteristischen geringelten Wollstrümpfe. Die Töchter Magdalena und Katharina haben sich mit Miesbacher Dirndln herausgeputzt. Bei öffentlichen Auftritten sollte aber alles passen, betont Vorstand Felbermeir: „Wenn wir mit dem Trachtenverein ausrücken, dann ist festgelegt, was wir da anziehen, dass das ein sauberes Bild ergibt. Privat zieht jeder an, was er gerne anzieht.“

Familienbande

Über 200 Mitglieder zählen die Ilmtaler, die sich als Familienverein verstehen. Die jüngsten angehenden Trachtler werden von ihren Müttern schon im Kinderwagen mit zu den freitags stattfindenden Proben geschoben. Der älteste Trachtler kommt mit seinen 90 Jahren auch noch zu Veranstaltungen, wenn es seine Gesundheit zulässt. Auch bei den Hegenauers hat Tracht Tradition. „Ich war schon mit vier Jahren bei den Ilmtalern. Meine Kinder haben das sozusagen auch in die Wiege gelegt bekommen“, erzählt Sabrina. Stefan ist erst seit Kurzem dabei. „Ich war bei der Feuerwehr, nicht bei den Ilmtalern. Ich bin dann schon immer mal mit Sabrina mitgegangen. Wir haben heimlich das Tanzen geübt – im Keller“, lacht er. „Und dann habe ich sie bei einer Veranstaltung zum Tanz aufgefordert und es hat natürlich gut geklappt. Da haben alle große Augen gemacht.“

Keine Geldfrage

Eine ganze Familie mit der passenden Tracht auszustatten geht natürlich ordentlich ins Geld. „Die Lederhose ein paar hundert Euro, die Faltenstiefel auch bis zu eintausend Euro, das Hemd ist nicht so teuer, das Gilet und der Hut je hundert Euro, der Frack ein paar hundert Euro“, rechnet Johannes Felbermeir zusammen. Das kann sich kaum eine Familie leisten. Darum haben die Ilmtaler einen großen Fundus an Trachtenbekleidung, die sie an jeden verleihen, der oder die aktiv mitmacht. Vor allem bei Kindern ist das wichtig, weil die schnell "rauswachsen". Auch Stefan Hegenauer hat seine Tracht aus den Beständen des Vereins, ebenso seine stolzen Töchter ihre Dirndl. Die Schränke, in denen die Ausstattungsstücke lagern, sind ziemlich ausgeplündert – ein klares und gutes Zeichen dafür, dass es viele Aktive im Verein gibt.

Bayrisch modern

Beachtenswert an den Ilmtalern ist, dass sie für ein ursprünglich traditionelles Anliegen, wie Brauchtum und Tracht so viele junge Menschen begeistern. Ca. 20 % der Mitglieder sind unter 27 Jahre alt. Felbermeir führt dafür mehrere Gründe an. „Da gibt es mehrere Phasen. Als Kleinkind machen sie einfach bei den Eltern mit. Später wollen sie was lernen. Die Ältesten sind über 70. Vor allem die Jugendlichen profitieren aber davon, dass das Bayrische hier im Freistaat sehr lebendig ist. Da gibt’s ganz viel coole Musik, und tolle Bands.“ Nicht zuletzt wird die Begeisterung auch vom Engagement der Jugendleiterinnen und Jugendleiter im Verein getragen. „Wir haben ganz narrische, die fahren auf einen bayerischen Tanz schon mal zum Irschenberg rein oder noch weiter.“

Das Miteinander fördern

Es ist gute Tradition bei den 1926 gegründeten Ilmtalern, dass sie sich so um den Nachwuchs kümmern. Schon bald nach dem Zweiten Weltkrieg besuchten die Aktiven wieder Gaufeste oder organisierten Ausflüge mit der Jugend, wie zum Beispiel eine Wanderung auf den Herzogstand im Jahr 1947. Heutzutage fährt die Kinder und Jugendgruppe zu ganz ähnlichen Zielen, wie dem großen Brombachsee in Franken, zum Paddeln auf die Altmühl oder in die Bavaria Filmstadt nach München.

Zukunftspläne

Schon bald nach Felbermeirs Amtsantritt als Vorsitzender machten sich die Verantwortlichen im Verein Gedanken um die Zukunft. Vor allem sinkende Mitgliederzahlen in vielen anderen Vereinen bereiteten auch den Ilmtalern Sorge. „Wir haben uns zusammengesetzt und die Risiken für den Verein ergründet. Es darf nicht passieren, dass die Jugend wegbricht. Man kann jammern oder schauen, dass man das Beste daraus macht!“

Argentinischer Plattler

Anders als es von einer eingeschworenen Gemeinschaft zu erwarten ist, sind die Ilmtaler offen für neue Mitglieder. Vor einiger Zeit ist eine aus Argentinien stammende Familie dem Verein beigetreten. „Die leben ihren Traum in Bayern und sind leidenschaftlich beim Trachtenverein dabei. Die haben in Argentinien schon Volkstanz gemacht.“ Beim ersten Besuch einer Probe sorgten die Neulinge dann gleich für Erstaunen. „Da stellt sich der dazu und macht den Schuhplattler mit, einfach so auf Anhieb. Da dachte ich mir, wir in Bayern sind alle Deppen. Dann erzählt er aber, dass er schon in Argentinien das Schuhplatteln gelernt hat.“

Austausch via Tracht

Die Pfaffenhofener Trachtler freut es auch, dass eine wachsende Zahl von Volksfest- oder Oktoberfestbesuchern in mehr oder weniger passenden Trachten oder Pseudo-Trachten-Verkleidungen unterwegs ist. „Vor 30 Jahren ist jeder in Jeans und Hemd gegangen. Zu damals ist das ein Fortschritt, denn jetzt ist Tracht wieder in. Klar muss man auch mal schmunzeln. Aber im Grund gefällt mir das. Außerdem kommen auf Volksfesten und im Biergaten verschiedene Gruppen der Bevölkerung zusammen. Das hilft, dass man sich gegenseitig besser versteht. Vom Ausgrenzen bin ich kein Fan“, bekennt Felbermeir.

Endlich auftreten

Dass ein so sehr auf das Miteinander angewiesener Verein eine lebendige Gemeinschaft ist, beweist die Zeit der Coronapandemie, als auch die Ilmtaler neue digitale Wege beschritten und keine nennenswerten Austritte verzeichnen konnten. Ganz im Gegenteil, die Aktiven Trachtlerinnen und Trachtler brennen förmlich auf Auftritte und Veranstaltungen, wie das „Trachtlerisch im Bürgerpark“ im Rahmen des Pfaffenhofener Kultursommers am 9. Juli von 16 bis 21 Uhr. „Da denkst in einem Moment, was habe ich da nur unterschrieben“, schmunzelt Felbermeir. „Im nächsten Moment sehe ich, das ist alles gar nicht so schlimm. Die Jugendleiter kümmern sich um das Nachmittagsprogramm und die Erwachsenen bestreiten den Abend. Zusammen stemmen wir das.“

Gebirgs- und Volkstrachtenverein Ilmtaler Pfaffenhofen e. V.
Motto: „ G’sund sanma, zsamhoitn deanma, Treu dem guten alten Brauch!“
www.trachtenverein-pfaffenhofen.de
1. Vorsitzender Johannes Felbermeir
Proben: Freitags ab 19 Uhr im Haus der Begegnung
Mitgliedsbeitrag/Jahr
Unter 16 Jahre: frei
Über 16 Jahre: 10 Euro

Autor:

PAF und DU Redaktion aus Pfaffenhofen

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