Gewerbe- und Industriegebiet Kuglhof 2
Braucht’s des?
Einem neuen Gewerbegebiet zuzustimmen fällt vielen nicht leicht. Jeden Tag wird in Bayern eine Fläche von ca. 10 ha verbraucht zur Schaffung von neuen Siedlungs- und Verkehrsflächen. Dabei gehen auch landwirtschaftlich genutzte Flächen verloren. Das gesetzte Ziel zur Einschränkung des Flächenverbrauchs, seit 2021 in Bayern nur noch 5 ha/Tag, wird kaum zu erreichen sein. Wollen wir das wirklich?
Aktuell verfügt die Stadt Pfaffenhofen noch über drei kleinere Flächen in den Gewerbegebieten. Die anderen unbebauten Grundstücke stehen nicht zum Verkauf oder werden bald bebaut. Unternehmen, die nach Pfaffenhofen kommen wollen oder schon hier sind, kann man kaum noch Grundstücke anbieten. Deshalb soll es ein neues Gewerbegebiet im Osten von Pfaffenhofen geben - Kuglhof 2.
Mit Daiichi Sankyo steht ein Interessent fest. Trotz einer kürzlichen Investition von über 300 Millionen Euro und Reserveflächen am jetzigen Standort, will die Firma eine weitere Produktionsstätte in Pfaffenhofen errichten. Was sonst an keinem anderen Ort in der Stadt möglich ist, da die bestehenden Grundstücke alle zu klein sind. Wirtschaftlich bedeutet das unter Umständen verlorene Gewerbesteuereinnahmen, da sich Firmen wie Daiichi Sankyo in anderen Kommunen ansiedeln.
Manche Pfaffenhofener Bürger:innen stehen dem neuen Gewerbegebiet trotzdem skeptisch gegenüber. Aber ohne verfügbaren Platz gibt es keine Ansiedlung von Betrieben, keine neuen Arbeitsplätze und keine zusätzliche Gewerbesteuer für den städtischen Haushalt.
Hier wird das Dilemma, in dem wir stecken, sichtbar: Einerseits wollen wir möglichst keinen weiteren Flächenverbrauch, andererseits soll genügend Geld in den städtischen Haushalt fließen, um sicherzustellen, dass auch zukünftig die zahlreichen Pflichtaufgaben bezahlt werden können und ja, auch der kleine Luxus wie ein warmes Hallenbad, günstige Kindergartengebühren oder ein Veranstaltungsprogramm für jeden.
Die Suche nach einer alternativen Fläche ändert nichts am Flächenverbrauch, verzögert aber die Möglichkeit zu neuer Gewerbeansiedlung oder -erweiterung um Jahre. Um ehrlich zu sein, es wird weiterhin Gewerbegebiete geben. Das Ende des Wirtschaftswachstums ist noch nicht erreicht. Nicht global und nicht lokal.
Eines ist sicher: Wenn nicht in Pfaffenhofen ein neues Gewerbegebiet entsteht, dann woanders. Dann aber nicht zu unserem wirtschaftlichen Vorteil, nicht nach unseren Regeln und wahrscheinlich nicht mit der gebotenen Rücksicht auf Nachhaltigkeit.
Zum Hintergrund:
Die Einnahmen im Verwaltungshaushalt der Stadt Pfaffenhofen bestehen zu einem Drittel aus dem Einkommensteueranteil und zu einem Drittel aus dem Gewerbesteueranteil. Das letzte Drittel besteht aus anderen Steuern und Gebühren, wie zum Beispiel der Hundesteuer, der Grundsteuer oder den Park- und Musikschulgebühren. Die Finanzkraft mit rd. 1.050 Euro pro Einwohner entspricht etwa dem bayerischen Durchschnitt.
Während der Einkommensteueranteil durch die Lohnsteigerungen über die letzten Jahre stetig gestiegen ist, war der Gewerbesteueranteil von größeren Schwankungen betroffen. Das liegt unter anderem daran, dass in Pfaffenhofen zehn Unternehmen mit rund 2/3 den Löwenanteil der Gewerbesteuer stemmen.
Wie gefährlich das sein kann, zeigte sich Mitte der 90er Jahre, als sich Schlecker einen Preiskampf mit HiPP lieferte. Die Gewerbesteuer brach ein, HiPP musste unternehmensweit 400 Mitarbeiter entlassen und der städtische Haushalt geriet in Schieflage. Ein radikaler Sparzwang folgte. An eine neue Schule oder neue Kindergärten war nicht mehr zu denken.
Pfaffenhofen hat sich seitdem wirtschaftlich erholt und sich bestens entwickelt. Investitionen in Kindergärten, Schulen und Parkanlagen waren wieder möglich. In dieser Zeit bestätigte sich auch die Erkenntnis und Notwendigkeit, Unternehmen vor Ort zu sichern, um Arbeitsplätze zu erhalten und die Gewerbesteuereinnahmen zu festigen - und nach Möglichkeit auf mehr Schultern zu verteilen.
Bei all dem Erfolg darf man nicht vergessen, dass das nicht reichen wird. Der Strukturwandel in der Automobilindustrie wird sich bemerkbar machen. Spätestens seit der Corona-Pandemie ist der Begriff Resilienz bekannt, also die Fähigkeit einer Volkswirtschaft, vorbereitende Maßnahmen zur Krisenbewältigung zu ergreifen, unmittelbare Krisenfolgen abzumildern und sich an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen. Die Ansiedlung von zukunftsfesten Unternehmen kann dazu beitragen.
Obwohl die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Pfaffenhofen mit mehr als 12.600 zum Stichtag Ende Juni 2021 so hoch ist wie nie. Der Anstieg liegt im Vergleich zum Zeitraum vor zehn Jahren mit über 3.700 zusätzlichen Arbeitsplätzen auf einem Rekordwert. Außerdem steigerte sich die Arbeitsplatzdichte von 2011 bis 2021 um 32 % auf 728 pro 1.000 Einwohner im erwerbsfähigen Alter. Sie liegt aber immer noch deutlich unter dem bayerischen Durchschnitt von mehr als 900. Dabei darf man auch nicht vergessen, dass die Zahl der Auspendler ebenfalls so hoch ist wie noch nie: über 9.000 Pfaffenhofener:innen pendeln. Nach München 2.900 und nach Ingolstadt 900.
Zum Gewerbe- und Industriegebiet Kuglhof 2:
Im Juli 2015 wurde damit begonnen, den Flächennutzungsplan neu aufzustellen. Der legt fest, wo Wohnbebauung oder Gewerbegebiete entstehen sollen und wo Grünflächen oder Verkehrsflächen vorgesehen sind. Einstimmig vom Stadtrat beschlossen und mit Bescheid vom 26.11.2019 des Landratsamts rechtskräftig, wurde damit die Voraussetzung geschaffen für das 38 Hektar große Gewerbe- und Industriegebiet am Kuglhof. Das hört sich nach gigantischem Ausmaß an, aber in Relation zum Stadtgebiet sind es lediglich 0,4 Prozent.
Damals wollte man das neue Gewerbegebiet am Kuglhof noch größtenteils für ein Logistikzentrum von HiPP verwenden, da die Lage durch den direkten Autobahnanschluss verkehrstechnisch günstig und kein zusätzlicher Lieferverkehr durch die Stadt notwendig ist. HiPP hat sich anders entschieden. In dieser Zeit entstand die Idee eines grünen Gewerbeparks. Es soll ein nachhaltiges, vor allem ökologisches Gewerbegebiet werden, mit der Begrünung von Dächern und Fassaden, der Verwendung einheimischer Pflanzen und zur Förderung der Artenvielfalt. Mittlerweile sind Logistikzentren baurechtlich ausgeschlossen und die Auflagen an die Bebauung weiter gewachsen.
Darauf wird von vornherein geachtet. Es werden nur Firmen angesiedelt, die vorteilhaft für die Stadtentwicklung sind. Sei es in der Form von qualifizierten Arbeitsplätzen, einem hohen Gewerbesteueraufkommen oder der Möglichkeit, durch Firmenverlagerungen innerstädtische Wohngebiete realisieren zu können – mit Grundstücken oder Wohnungen im Einheimischenmodell. Stand heute reden wir von fast 5 Hektar Wohngebiet, für das keine Fläche versiegelt werden muss.
Das Gewerbegebiet ist ein Projekt für die kommenden Jahrzehnte und wird erst nach und nach wachsen. So wie die Stadt auch noch wachsen wird, wenn man es nüchtern betrachtet. Die letzten zehn Jahre moderat um rund 1 % der Einwohnerzahl, was im Mittelwert 197 neuen Einwohnern jährlich entspricht. Der Demographie-Spiegel für Bayern prognostiziert eine Bevölkerung von 28.600 Einwohnern im Jahr 2039. Pfaffenhofen wird noch sehr lange Zeit eine Kleinstadt bleiben. Im besten Fall auch eine Kleinstadt mit einer hohen Zahl an Arbeitsplätzen vor Ort im Gewerbegebiet Kuglhof 2.
Zur Bodennutzung:
Das Stadtgebiet Pfaffenhofen umfasst insgesamt 9.263 Hektar. Davon sind unter anderem:
- Wohnbaufläche 401 Hektar
- Industrie- und Gewerbefläche 170 Hektar
- Verkehrsfläche 430 Hektar
- landwirtschaftliche Flächen 5.009 Hektar
- Wald 2.690 Hektar
- Gewässer 38 Hektar
Das Gewerbegebiet Kuglhof 2 hat eine Größe von knapp 38 Hektar und wird größtenteils auf landwirtschaftlicher Fläche realisiert. Es umfasst somit 0,4 % des Stadtgebiets oder 0,75 % der landwirtschaftlichen Fläche.
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