Vielfältig und hochkarätig – Pfaffenhofener Lesebühne kommt an
Mit einem stimmungsvollen Ausflug nach Neapel ist am Sonntag die Pfaffenhofener Lesebühne 2019 zu Ende gegangen. Im gut gefüllten Theatersaal im Haus der Begegnung entführte die Schauspielerin und Synchronsprecherin Laura Maire, eine gebürtige Pfaffenhofenerin, die Zuhörer nach Süditalien in die Welt von Elena Ferrantes „Neapolitanischer Saga“. Insgesamt fünf Lesungen standen auf dem Programm der Literaturtage 2019, informativ und kurzweilig moderiert von Dorle Kopetzky. Den Auftakt machte Jan Weiler mit seinem neuen Kriminalroman, zwei ehemalige Lutz-Stipendiaten kehrten zurück und präsentierten ihre Debutromane, die Unternehmerin Nicole Staudinger weihte die Gäste ein in ihre Erfahrungen mit dem Abnehmen und am Samstagabend stellte Pfaffenhofens ehrenamtlicher Kulturreferent Steffen Kopetzky „Propaganda“, seinen neuen Roman über Kriege und Lügen vor.
Jan Weiler verstand es am Donnerstagabend, das Publikum mit seinem Roman „Kühn hat Hunger“ in ein Wechselbad der Gefühle zu tauchen. Mit Kommissar Kühns Monologen über Avocado-Gelüste brachte er die Zuschauer zum Lachen, um sie im nächsten Moment mit nüchternen Schilderungen über den grausigen Tathergang in die Abgründe der menschlichen Seele mitzunehmen. Weilers dritter Roman mit dem Münchner Kult-Ermittler Martin Kühn ist weit mehr als ein klassischer Krimi, denn neben zwei Mordfällen plagt ihn auch sein Privatleben. Eine Affäre mit einer Kollegin, das Liebesleben seiner Frau und seine selbst verordnete Null-Diät geben genug spannungsgeladenen Stoff. Nach der Lesung nahm sich Weiler viel Zeit und signierte am Büchertisch seine Romane.
Das Strandbadcafé am Freibad war am Freitagabend der passende Rahmen, in dem die beiden ehemaligen Lutz Stipendiaten Marie-Alice Schultz und Marko Dinić ihre Debutromane präsentierten. In „Mikadowälder“ schildert Schultz ein zerbrechliches Familiengeflecht. Ganz unspektakulär, aber eindrucksvoll liest sie Passagen aus ihrem Buch. Da ist das Familienoberhaupt, der einst sportlich erfolgreiche Großvater Zarelli und dessen Freund, der auf die verlorene Liebe wartet; da ist Tochter Mona, die kurz vor der Geburt ihres Sohnes Oskar von ihrem Freund verlassen wird und schließlich der etwas altkluge Oskar selbst, der in Holzkisten Luft sammelt. In Marko Dinićs Roman „Die guten Tage“ geht es um die Reise des Erzählers aus dem Exil in Wien zurück in die alte Heimat Belgrad. Dort findet er eine vom jahrelangen Krieg zerrissene und zerstörte Stadt, aus der er einst geflohen ist. Ob Marko Dinić seine eigenen Erlebnisse in dem Roman verarbeitet hat, lässt er offen. Seine lebendige Lesung jedenfalls zog das Publikum in ihren Bann und hinterließ ebenso wie Marie-Alice Schultz‘ Roman viel Stoff zum Nachdenken.
Ganz anders verlief der Besuch von Nicole Staudinger, die am Samstag im Hofbergsaal die Besucherinnen und Besucher in ihre Erfahrungen im Kampf um die Pfunde einweihte. Das Publikum hing an ihren Lippen und immer wieder gab es Lacher, als sie wenig vorlas und viel erzählte aus ihrem Leben, ihren Erfahrungen mit dem Krebs und natürlich mit dem Abnehmen. Vor allem ihre sehr freundliche und einnehmende Art beeindruckte und viele wünschten sich die positive Stärke der Unternehmerin und Autorin auch für sich selbst. Im Anschluss nahm sich Nicole Staudinger viel Zeit für Fotos, das Signieren ihrer Bücher und für Gespräche.
Es ist ein großes Buch, das Steffen Kopetzky mit „Propaganda“ geschrieben hat. Zum einen ist die Propaganda in Kriegszeiten an sich schon ein großes Thema, zum anderen berichtete Kopetzky den Zuhörern im Festsaal am Samstagabend von der umfangreichen Recherche und dem historischen Zusammenhang dieses Buchs. Zusätzlich zu seinem Roman hatte Pfaffenhofens ehrenamtlicher Kulturreferent Fotos und historische Dokumente mitgebracht, die er im Festsaal auf einer Leinwand zeigte. Im Anschluss an die Lesung entwickelte sich eine rege Diskussion und ein spannendes Nachgespräch, das sich bis an die Schlange am Büchertisch fortsetzte, an dem Kopetzky seine Bücher signierte.
Im Kontrast dazu stand die Lesung von Laura Maire am Sonntagnachmittag. Sie las aus der „Neapolitanischen Saga“ von Italiens Erfolgsautorin Elena Ferrante. Wer hinter diesem Pseudonym steckt, ist ein wohlgehütetes Geheimnis. Interviews gibt die Autorin, die laut dem „Time“ Magazin 2016 zu den weltweit 100 einflussreichsten Personen gehörte, zum Beispiel nur schriftlich. Mit ihrer fesselnden Stimme und ihrer lebendigen Art zu lesen entführte Laura Maire das Publikum im Theatersaal ins Neapel der 40er bis 70er Jahre. Es geht in dem figurenreichen Roman um die beiden Freundinnen Lila und Elena, die in ärmlichen Verhältnissen aufwachsen, um ihre Beziehungen, die Menschen auf ihrem Weg. Die beiden verlieren sich schließlich aus den Augen und treffen sich letzendlich wieder. Nicht nur Laura Maires professionelle und lebendige Art zu lesen sorgte dafür, dass sich die Zuschauer plötzlich in den Gassen Neapels wiederfanden. Das Kunst Additum des Schyren-Gymnasiums hatte unter Leitung von Kunstlehrer Matthias Wurm nach den Vorlagen aus dem Roman ein detailreiches Bühnenbild entworfen.
Insgesamt besuchten fast 400 Zuhörerinnen und Zuhörer die fünf Veranstaltungen der Lesebühne 2019. Auch im nächsten Jahr wird es wieder eine Neuauflage der Pfaffenhofener Lesebühne geben, dann vom 22. bis 25. Oktober.
Autor:Kulturamt Pfaffenhofen aus Pfaffenhofen |
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