Interview: Was bringt die Gartenschau 2017? (Langversion)

Walter Karl, Geschäftsführer Natur in Pfaffenhofen a. d. Ilm 2017
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Die Vorbereitungen für die Gartenschau 2017 laufen auf Hochtouren. Bisher konnte der Zeitplan für alle damit verbundenen Baumaßnahmen eingehalten werden. Die Pfaffenhofener können sich schon jetzt auf mehr Lebensqualität in ihrer Stadt freuen – und mitwirken. Was bedeutet die Gartenschau 2017 für Pfaffenhofen? Fragen hierzu beantworten Walter Karl, Geschäftsführer der Natur in Pfaffenhofen a. d. Ilm 2017 GmbH und früherer Stadtbaumeister, sowie Gerald Baumann, Stadtbaumeister der Stadt Pfaffenhofen a. d. Ilm.

Was bringt Natur in Pfaffenhofen a. d. Ilm 2017 für die Stadtentwicklung?

Baumann: Erst nach der Gartenschau wird man so richtig begreifen, welche Auswirkungen es für die Stadt hat, dass 2017 dieses Event stattfindet. Erst einmal werden dazu große Teile der Stadt umgebaut, dafür ist der Startschuss schon gefallen. Am Ende werden die Leute staunen, was an Qualität und an Grünraum mitten in der Stadt entstanden ist. Raum, den die Bürger nutzen können. Das Schöne an der Gartenschau 2017 in Pfaffenhofen ist, dass sie mitten in der Stadt stattfindet, nicht irgendwo draußen auf der grünen Wiese. Das hat den Vorteil, dass sehr viele Leute teilhaben können – während der Gartenschau und danach –, weil das Ganze direkt vor der Haustür stattfindet.

Was hat der Pfaffenhofener, die Pfaffenhofenerin ganz konkret davon?

Baumann: Eine neue Infrastruktur, eine neue Aufenthaltsqualität und neue Naherholungsmöglichkeiten. Beispielsweise denke ich da an die Ilminsel, dort wo kb wohnbau baut: Direkt auf der Insel wird mitten in einem Grünraum ein Kaffee und eine Gastronomie mit Biergarten entstehen. Das bietet eine ganz neue Qualität, die momentan zwar außerhalb der Stadt, aber noch nicht unmittelbar in Pfaffenhofen zu finden ist. Diese Anlaufstelle lässt sich fußläufig erreichen. Der Bürgerpark wird eine Parklandschaft bieten, hier kann man direkt ans Wasser gehen und mit Kindern einen Ausflug machen. Wer in der Natur spazieren gehen will, muss also nicht mehr rausfahren.

Karl: Den zukünftigen Bürgerpark als zentrale Parkanlage werden rund 3.000 der Einwohner Pfaffenhofens in 5 bis 10 Minuten fußläufig erreichen können! Generell kann man sagen: Die im Rahmen der Gartenschau „Natur in Pfaffenhofen a. d. Ilm 2017“ vorgesehenen Maßnahmen stärken und verbessern die grünordnerische Gliederung des zentrumsnahen Stadtbereichs. Durchzogen mit einem Geh- und Radwegnetz werden alle erholungsrelevanten Einrichtungen der Stadt wie der zukünftige Bürgerpark, die Insel sowie das Sport- und Freizeitareal optimal erreichbar sein. Noch dazu liegen diese Freizeitareale in verkehrsferner und grüner Umgebung.

Baumann:
Ich habe die Vorbereitungen zur Gartenschau in Schwäbisch Gmünd mitbetreut, und zwar als Stadtplaner. Damals kam die Frage auf: „Warum braucht Schwäbisch Gmünd eine Gartenschau? Wir haben doch den Dehner, da kaufen wir ein.“ Das war aber zu kurz gedacht: Wenn ich mir Schwäbisch Gmünd anschaue, sehe ich die Parallelen zur Gartenschau damals und zu der 2017 in Pfaffenhofen. Dort wurde sie auch mitten in der Stadt ausgetragen, es gab ebenfalls einen riesigen Stadtumbau mit Privatinvestitionen. Neue Kaffees und Spazierwege sind entstanden und der direkte Zugang zum Fluss Rems ermöglicht, dort wurden Wasserspielplätze für Kinder gebaut.
Von Bedeutung ist zum einen die bauliche Komponente, zum anderen dieses Gefühl, das ich habe, wenn ich nach Schwäbisch Gmünd fahre und Bekannte besuche: Die Gartenschau hat den Menschen vor Ort einen Schub gegeben, für mehr Identifikation mit der Stadt gesorgt. Damals waren die Bürger alle euphorisch – und sie sind es noch, weil sich die Stadt positiv verändert hat und eben auch das Stadtbild. Genau das wird Pfaffenhofen erleben. Wir werden ab 2017 unsere Stadt anders sehen.


Welche städtebaulichen Missstände werden beseitigt?

Karl: In den 1930er Jahren bekam die Ilm durch einen rein technischen Ausbau zum vermeintlichen Hochwasserschutz ein sehr enges Korsett. Mit dem Umbau im Bereich der Arlmühle und der Gestaltung einer Fischaufstiegshilfe wird einerseits die biologische Durchgängigkeit wiederhergestellt, andererseits das Umfeld z. B. durch eine Zugangsmöglichkeit zur Ilm spürbar verbessert.
Im Bereich des Sport- und Freitzeitareals (Freibad) führt das Wasserwirtschaftsamt Ingolstadt eine naturnahe Umgestaltung mit Uferaufweitung durch. Zur gestalterischen und biotischen Aufwertung hinzu kommt dadurch ein Verknüpfungselement innerhalb des Sport- und Freizeitareals. Zudem verbessert sich die Aufenthaltsqualität mit der parkähnlichen Gestaltung bedeutend.
Auf dem Schlachthofareal nach seiner Auflassung vor rund 15 Jahren sowie dem angrenzenden Bauhofareal nach der längst überfälligen Auslagerung wird eine – für eine Stadt in der Größe Pfaffenhofens – einzigartige, innerstädtische Parkanlage geschaffen. Die neu entstehende Randbebauung wird einen architektonisch abgestimmten Rahmen mit hoher Wohnqualität abgeben.
Die Insel schließlich wird durch die Umgestaltung aus ihrem „Dornröschenschlaf“ erweckt. Auch wenn es sich um ein relativ kleines Areal handelt, ist die städtebauliche Bedeutung aufgrund der äußerst zentrumsnahen Lage, insbesondere als „Mittagserholungsbereich“, umso höher einzuschätzen.

Baumann: Auch ich finde die Verlagerung des Bauhofs grundlegend, vom neuen Standort aus lassen sich mit den Fahrzeugen alle wichtigen Stellen der Stadt erreichen. Stattdessen wird ein Park geschaffen und direkt daneben Wohnungen mitten in der Stadt. Der Bedarf danach zeigt sich bei der derzeitigen Ausstellung zum Investorenwettbewerb. Es kommen ganz viele Leute, vor allem auch Ältere, die aus ihren Einfamilienhäusern auf der grünen Wiese wieder in die Stadt ziehen wollen, weil hier die Infrastruktur zur Verfügung steht, die sie brauchen. Im Alter ist das natürlich von Vorteil. Hier leistet ein Projekt wie die Gartenschau einen großen Beitrag.

Was ist aus stadtplanerischer Sicht das Besondere an der Gartenschau in Pfaffenhofen?

Karl: Anders als bei den meisten anderen Gartenschauen liegen in Pfaffenhofen die zur Umgestaltung vorgesehenen Areale im zentrumsnahen Bereich der Stadt. Dabei fungiert die Ilm als verbindendes Band. Vom Hauptplatz ist man in 5 Minuten an der Insel und in 10 Minuten am Sport- und Freizeitpark. Die Umgestaltung vor der Gartenschau wird langfristig gesehen eine Aufwertung für das Stadtzentrum und die zentrumsnahen Quartiere bedeuten. Sie wird eine nicht hoch genug einzuschätzende Steigerung der Lebens- und Aufenthaltsqualität mit sich bringen.

Baumann:
Genau, dass die Gartenschau und die Freiräume, die jetzt gestaltet werden, mitten in der Stadt zu finden sind. Anders als beispielsweise in Bamberg vor drei Jahren, wo die Gartenschau außerhalb stattfand. Meistens werden größere zusammenhängende Flächen, zum Beispiel Konversionsflächen, Kasernen oder ehemalige Industriegebiete, genutzt. Anzumerken ist, dass die Planer bei der Konzeption einer Gartenschau natürlich nicht nur an die Blumen denken müssen, sondern auch an die städtebaulichen Aspekte – und das ist ihnen sehr gut gelungen. Neben dem Umbau der Ilminsel mit dem privaten Projekt Wohn- und Geschäftshaus und der Renaturierung der Ilm am Freibad ist ein wichtiger Teilbereich der Planung die Vernetzung der Stadt. Hier geht es vor allem um die Verbindungen in und rund um die Stadt, beispielsweise über die Schlachthofstraße, die neu gestaltet wird. Und noch einmal möchte ich erwähnen, dass durch die Gartenschau sehr schöne Grünbereiche mitten in der Stadt entstehen werden. Der Vergleich mag gewagt sein, aber ich denke an den Englischen Garten in München, der auch mitten drin ist in der Stadt – wie unser Bürgerpark. Mit ungefähr der gleichen Lage, von der Altstadt Münchens bis in den Nordosten, wenn auch in einer anderen Dimension. Für Pfaffenhofen ist das eine wunderbare Sache.
Gut ist auch, dass wir momentan voll im Zeitplan liegen. Sowohl die privaten Bauvorhaben am Bürgerpark als auch an der Insel laufen bereits. Das Eisstadion und der Volksfestplatz werden hergerichtet. Dort ist also alles im grünen Bereich. Auch die Arbeiten am Freibad starten, das Wasserwirtschaftsamt fängt demnächst mit der naturnahen Gestaltung in dem Bereich an. Der Abbruch Bauhof läuft, auch hier geht es nach Plan. Momentan liegen wir wirklich gut im Zeitplan und der Eröffnung 2017 im Mai steht aktuell nichts im Weg.

Welche Bedeutung hatte die Bürgerbeteiligung im Vorfeld für die Planung?

Karl: Die Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger in die Planung ist von enormer Bedeutung. Nicht nur die guten und gehaltvollen Anregungen, die nach den vielen Projektveranstaltungen eingebracht wurden, sind wichtig. Vielmehr geht es auch darum, dass die Einwohner von Pfaffenhofen sich mit der Gartenschau persönlich identifizieren. Das lässt sich nur erreichen, wenn die Bürgerinnen und Bürger erkennen, dass die Details der Planung nicht in irgendwelchen Amtsstuben „ausgeschnapselt“ werden, sondern dass es sich um ein Projekt der Pfaffenhofener selbst handelt.

Baumann: Dabei spielen auch die Vereine eine Rolle. Sie werden bei der Gartenschau nicht nur mithelfen, sondern sich dort auch präsentieren können. Dass die Bürger auf diese Weise mitmachen und Privatinvestitionen angeschoben werden, sind ganz wunderbare Dinge. Kleine Grünprojekte wurden ja schon vor der Gartenschau umgesetzt, zum Beispiel das am Flaschlturm. Hier ist ein Kleinod mit einem kleinen Garten entstanden. Außerden haben wir im Stadtrat über die Platzgestaltungen an der Gritschstraße und am Ambergerweg diskutiert. Das alles sind kleine Bausteine, die den Bürgerinnen und Bürger zeigen, dass etwas vorangeht. Und so werden sicherlich viele von ihnen auch selbst die Initiative ergreifen, das haben andere Städte zuvor erfahren: Die Vorgärten wurden schöner gestaltet und Häuserfassaden neu gestaltet oder frisch gestrichen. So kann die ganze Stadt in neuem Glanz erstrahlen. Im Zuge dieser Aktivitäten haben wir auch die Gelder für die Fassadengestaltung im Ensemblebereich, dem Sanierungsgebiet in der Innenstadt, im Rahmen des kommunalen Förderprogramms „Stadtgestaltung“, von 5.000 auf 10.000 Euro erhöht. Damit wollten wir Anreize schaffen. Vielleicht wird so bis 2017 am Hauptplatz doch noch das eine oder andere Gebäude neu gestrichen oder saniert.

Worauf freuen Sie persönlich sich am meisten in Zusammenhang mit Natur in Pfaffenhofen 2017?

Baumann: Ich werde die Gartenschau natürlich besuchen, mit Sicherheit öfter als nur einmal. Zwar bin ich kein Experte für Blumen, Sträucher und andere Pflanzen, schaue mir die Natur aber gerne an. Für mich ganz wichtig: Wenn ich mir während und nach der Gartenschau denken kann, das haben wir miteinander geschafft. Wir haben einen großen Teil der Stadt neu gestaltet, zum Besseren gewandelt. Und diese Qualität wird bleiben. Wo der Bürgerpark sein wird, standen zuvor Container und Lastwägen herum und auch ältere Gebäude, die von den Stadtwerken genutzt wurden. Der Wertstoffhof lag mitten in der Stadt. Wenn ich mir vorstelle, wie ich später durch diesen Teil der Stadt gehen werde, den grünen Park und die schönen, neuen Wohngebäude sehe, eventuell auch die Gastronomie besuche, um den Feierabend zu genießen … auf solche Momente freue ich mich am meisten.

Karl:
Die Gartenschau selbst wird sicher ein Fest für alle – ich brenne jetzt schon vor Ungeduld. Die Stadt Pfaffenhofen a. d. Ilm wird während der drei Monate im Jahr 2017 einer der wichtigsten Orte in Bayern sein, darauf können wir alle sehr stolz sein. Für mich persönlich von ganz besonderer Bedeutung ist allerdings die positive Wirkung der städtebaulichen Maßnahmen nach dem großen Fest, denn das ist das eigentlich Erfreuliche für die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt.

Walter Karl, Geschäftsführer Natur in Pfaffenhofen a. d. Ilm 2017
Gerald Baumann, Stadtbaumeister Stadtverwaltung Pfaffenhofen a. d. Ilm
Autor:

PAF und DU Redaktion aus Pfaffenhofen

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