Erster Jahresempfang der Religionen und Kulturen in Pfaffenhofen
Beeindruckender Vortrag, ungewöhnliche Musik und interessante Begegnungen
Zum ersten Jahresempfang der Religionen und Kulturen in Pfaffenhofen trafen sich am Freitagabend die Pfarrer bzw. Leiter und weitere Mitglieder der katholischen, evangelisch-lutherischen, freikirchlichen, neuapostolischen und rumänisch-orthodoxen Gemeinden sowie des buddhistischen Xiaolin Tempels und des Internationalen Kulturvereins Pfaffenhofen (IKVP). Wie der IKVP-Vorsitzende Sepp Steinbüchler erläuterte, ist der Jahresempfang aus dem „Tisch der Religionen“ entstanden. Er soll immer interkulturell bzw. interreligiös ausgerichtet sein und jedes Jahr von einer anderen Gruppe organisiert werden. Den Anfang machte jetzt im Hofbergsaal der Internationale Kulturverein, und 2021 will die evangelische Gemeinde dazu einladen.
Immer mit dabei sein soll auch ein Vertreter der Stadt Pfaffenhofen. Der Dritte Bürgermeister Roland Dörfler hatte zwar noch einen Anschlusstermin – immerhin ist der Wahlkampf eingeläutet und die Termine der Kommunalpolitiker häufen sich – aber er hatte zumindest Zeit für ein Grußwort. Dörfler ging auf die Notwendigkeit und die Bedeutung ökumenischer und interreligiöser Gespräche ein, „um sich über Gemeinsamkeiten und Differenzen zu verständigen und an der Weiterentwicklung der Beziehungen zu arbeiten“. Und nicht nur unter den Konfessionen und Religiösen sei eine Zusammenarbeit wichtig, betonte Dörfler, sondern auch „zwischen Religion und Politik“, denn nur gemeinsam könne man „daran bauen, eine Ordnung des Friedens aufzurichten“.
Mit der Auswahl der Referentin des Abends hatte der IKVP einen ebenso guten Griff getan wie mit der Musikgruppe: Gönül Yerli, islamische Religionspädagogin und Vize-Direktorin des Islamischen Forums in Penzberg, begrüßte die Zuhörer mit „Salam, Shalom, Grüß Gott“ und hielt einen beeindruckenden Vortrag über „Erfahrungen der Zusammenarbeit islamischer und christlicher Religionsgemeinschaften am Beispiel der Stadt Penzberg“.
Die fünf Musikerinnen von „Aura dulcis“ spielten und sangen „Alte Musik“ des 16. Jahrhunderts, und da kamen interessante historische Instrumente zum Einsatz, wie Barock- und Renaissanceflöten, Gamben und Gemshörner, eine Hirtenschalmei und eine Cornamuse. Die Gruppe absolviert regelmäßig in der weiten Umgebung viele Auftritte, war in Pfaffenhofen aber bisher nur sehr selten zu hören. Dabei ist eine der Musikerinnen hier durchaus bekannt: Monika Schratt war bis 2014 Dritte Bürgermeisterin von Pfaffenhofen und sie ist Vorstandsmitglied im Internationalen Kulturverein.
Das Islamische Zentrum in Penzberg ist längst weit über die Grenzen Bayerns und Deutschlands hinaus bekannt als Vorzeige-Moschee mit moderner, mehrfach preisgekrönter Architektur und aktiver Beteiligung am gesellschaftlichen Leben. In der 17.000-Einwohner-Kommune leben rund 1.200 Muslime. Seit 1994 arbeitet die islamische Gemeinde als unabhängiger Verein, der multi-ethnisch geprägt ist. Mit ausschlaggebend für die vorbildliche Integration des Islamischen Zentrums ist der fortschrittliche Imam von Penzberg: Benjamin Idris spricht nicht nur Arabisch und Türkisch, sondern auch die Sprachen der anderen örtlichen Muslime – das sind neben Türken viele Bosnier und Albaner –, hält aber mittlerweile die Freitagspredigt meistens auf Deutsch. Idris setzt sich für religiöse Reformen ein und fördert die Kontakte zu Nicht-Muslimen.
Gönül Yerli arbeitet als 2. Vorsitzende im Islamischen Forum Penzberg. Sie ist 1979 als Dreijährige mit ihren Eltern aus Anatolien nach Bayern gekommen. Sehr anschaulich erzählte sie von ihrer „wunderschönen Kindheit“ in einem kleinen Dorf im Landkreis Miesbach, wo sie als einzige „Mohammedanerin“ die Dorfschule besuchte und dort auch am katholischen Religionsunterricht teilnahm. Und weil dieser Unterricht sie durchaus faszinierte, studierte sie später nicht nur islamische Religionspädagogik, sondern machte auch einen Grund- und Aufbaukurs in katholischer Theologie, gefolgt von einem Masterstudiengang im interreligiösen Dialog.
Gönül Yerli schilderte die guten Beziehungen mit den christlichen Kirchen in Penzberg und die Vielzahl von regelmäßigen gemeinsamen Veranstaltungen. Das Programm des Zentrums heiße „Begegnung schaffen“, erklärte sie, und längst seien die verschiedenen Religionsgemeinschaften in Penzberg „gute Freunde geworden, die gegenseitig auf sich aufpassen“. Auch Deutsch- und Integrationskurse, vor allem für Frauen, laufen in der Penzberger Moschee, fast täglich werden Besuchergruppen und Schulklassen durchs Haus geführt, es gibt zahlreiche interreligiöse Eheschließungen, und auch ein interreligiöses Umweltteam ist aktiv: „Wir verstehen uns als Glieder einer Gemeinschaft“, erklärte Gönül Yerli, „und den Auftrag, die Schöpfung zu bewahren, haben alle Menschen und alle Religionen erhalten.“
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