Bunkergarten wird zum InterKulturGarten
Pfaffenhofen. Die erste offizielle Pflanzung im neu entstehenden InterKulturGarten Pfaffenhofen ist erfolgt. Bei bestem Pflanzwetter – am Vormittag nieselte leichter Landregen vom Himmel, ab Mittag schien die Sonne – fanden sich am 22.06.2013 Mitglieder der Gestaltungsgemeinschaft InterKulturGarten und eingeladene Gäste auf dem Gelände am Heimgartenweg zum symbolischen und feierlichen Pflanzungsakt ein.
Birgit Kögler begrüßte insbesondere die 3. Bürgermeisterin Monika Schratt, Walter Karl, Geschäftsführer Natur in Pfaffenhofen a. d. Ilm 2017 und Stadtkämmerer Rudolf Koppold. Weiter informierte sie über die schon in kurzer Zeit sehr ansehnliche und zahlreiche Zusammensetzung der Gestaltungsgemeinschaft, die sowohl aus Einzelpersonen, als auch aus den Organisationen Soziale Skulptur HALLERTAUER, der die Gesamtkoordination obliegt, Internationaler Kulturverein Pfaffenhofen, Bund Naturschutz mit der Ortsgruppe Pfaffenhofen, Familia Sozialeinrichtungen, mobile ev, Obst- und Gartenbauverein Pfaffenhofen a. d. Ilm, PSG ilm (Initiative Lebensmut), Vogelliebhaber- und Vogelschutzverein Pfaffenhofen/Ilm e.V., Natur in Pfaffenhofen a. d. Ilm 2017 GmbH und Stadt Pfaffenhofen an der Ilm besteht.
Zum Abschluss ihrer Ausführungen lud Birgit Kögler alle zum 1. Picknick im Paradies(-Garten) mit Rahmenprogramm für Samstag, 06. Juli 2013 von 14 bis 20 Uhr, ein. Ausweichtermin 20. Juli. Der Garten öffnet seine Pforten und Wiesen im Rahmen der städtischen Paradiesspiele für Picknickfreunde jeglichen Alters.
Manfred“Mensch“Mayer klärte in seiner Ansprache sehr deutlich den Begriff InterKulturGarten, nachdem die Gestaltungsgemeinschaft ihr gesamten Tun und Wirken ausrichtet. Die Bezeichnung „Inter“ wird nach deren Verständnis – im Unterschied zu herkömmlichen Interkulturellen Gärten – so verstanden, dass nicht nur alle Menschen mit Migrationshintergrund mit sogenannten Einheimischen zusammen kommen können, sondern es sind alle Menschern, mit jeglichen besonderen Bedürfnissen gemeint, sei es in seelischer, geistiger und körperlicher Hinsicht. Also quasi grundsätzlich alle Menschen ohne Ausnahme. Im InterKulturGarten wird somit ein Ort geschaffen, in dem Inklusion eine Selbstverständlichkeit ist.
In jedem Menschen, so Mayer, ist das Bedürfnis zu gestalten angelegt. Wer gestaltet verwirkliche sich selbst. Für das Gemeinschaftsprojekt Garten bedeutet das, in Beziehung mit Anderen - als Teil der Natur mit der Natur - gemeinsam zu gestalten. Gemeinsam meint nicht nur mit anderen Menschen, sondern natürlich auch mit Tieren und Pflanzen.
Zu dem merkte Mayer an, dass ein alleiniges Berufen auf den Migrationshintergrund als etwaiges Auswahlkriterium zu kurz ziele, da die Wiege der Menschheit – also von uns allen – nachweislich in Afrika stand. Also sind wir - so betrachtet - per se alle Afrikaner und somit alle miteinander entfernte Geschwister. Der InterKulturGarten soll Raum und Platz bieten diese Geschwisterlichkeit in Gleichheit und in Freiheit in beschützter und vorbereiteter Umgebung auch zu leben.
Rein geschichtlich betrachtet ist der Platz des InterKulturGartens, laut Mayer, allerdings vorbelastet. Der Garten wurde zur Tarnung in Zeiten des kalten Krieges über einem vermeintlich atombombensicheren im Grundriss ca. 50 x 30 m großen Fernmeldebunker mit durchgehend 3 m dicken Außenwänden zur Tarnung angelegt. Die Bauzeit der hermetisch abgesperrten und streng bewachten Gesamtanlage war von 1960 – 1965. Bis Ende der 1990iger Jahre lief der Betrieb.
Der InterKulturGarten Pfaffenhofen an der Ilm steht – ob er will oder nicht - in einem historischen Gesamtzusammenhang. Im Kalten Krieg zur Tarnung eines atombombensicheren Bunkers gebaut, war er bisher eigentlich nur zweckentfremdet. Denn er war lediglich nur eine oberirdische Täuschung. Ab jetzt darf der Garten nur Garten sein und seiner eigentlichen Bestimmung nachgehen. Nicht Soldaten in Bereitschaft oder gar im Krieg werden telefonisch verbunden, sondern gestalterisch tätige Menschen. Die Gestaltungsgemeinschaft schafft somit eine wirkliche und sinnvolle Enttarnung des Geländes und die Umwandlung von der einstigen militärischen Nutzung zum heutigen friedlichen gemeinsamen Gestalten - einschließlich der Öffnung eines Platzes zum Natur-Erleben und In-der-Natur-Verweilen fast mitten in der Stadt.
Manfred“Mensch“Mayer: „Wir tragen dem Gesamtzusammenhang Rechnung und setzen symbolhaft als erste offizielle Pflanzung im InterKulturGarten einen Korbiniansapfelbaum.“ Der Namen des Baumes geht auf Korbinian Aigner (1885 – 1966) zurück, den Pomologen, also Obstkundler und –züchter, und Pfarrer, der ganz in der Nähe in der Freisinger Gegend und auch in Scheyern gewirkt hat.
Aigner, der auch Apfelpfarrer genannt wurde, zeichnete rund 900 Aquarelle von Apfel- und Birnensorten zur Sortenbestimmung im Obstbau. 402 davon waren 2012 Teil weltweit bedeutendsten Ausstellung für zeitgenössische Kunst der documenta (13) in Kassel. In seinen Predigten und im Religionsunterricht wandte er sich eindeutig gegen den Nationalsozialismus. Dies führte dazu, dass er 1939 zuerst ins Gefängnis kam, um dann schließlich im Konzentrationslager Dachau inhaftiert zu werden. Trotz Verbot züchtete er dort die neuen Apfelsorten KZ 1, KZ 2, KZ 3 und KZ 4. Die Sorte KZ 3 blieb bis heute erhalten und wurde zu seinen Ehren an seinem 100. Geburtstag in Korbiniansapfel umbenannt.
Die Gestaltungsgemeinschaft will auch eine notwendige Namensumbenennung vornehmen, denn wie Joseph Beuys schon sagte: „Name = Adresse“. Begriffe sind zu hinterfragen. InterKulturGarten am Heimgartenweg anstatt Bunkergelände soll deshalb für die Zukunft gelten.
Zum Abschluss sprach Manfred“Mensch“Mayer eine sehr spezielle Annahme aus: „Wenn wir uns zum 100-jährigen Jubiläum hier wieder treffen – in welcher Erscheinungsform auch immer – wird die neue Adresse allen Pfaffenhofener mit Sicherheit klar und bekannt sein. InterKulturGarten am Heimgartenweg. Die Begrifflichkeiten, die in diesen Namen stecken, sind uns Auftrag und wir werden sie hier mit Leben füllen!“
Schließlich beteiligten sich alle Gäste und die Mitglieder der Gestaltungsgemeinschaft am Pflanzen des Baumes. Danach prosteten sich noch alle mit dem regionalen Getränk Hopfensecco zu und führten zahlreiche Einzel- und Gruppengespräche zu Planungs- und Gestaltungsfragen des InterKulturGartens. Wer sich – in welcher Form auch immer – in die Gestaltungsgemeinschaft einbringen will, kann Kontakt aufnehmen bei Anna-Elisabeth Mayr 08441-18437, Brigitte Beckenbauer 08441-5353 oder Manfred“Mensch“Mayer 08441-72023.
Kaum war der Korbiniansapfelbaum im InterKulturGarten als erste Pflanzung gesetzt, da wurden die ersten Engel in Pfaffenhofen gesichtet und einer landete tatsächlich - die Presse berichtete! - auf dem Dach vom Haus der Begegnung. Das sind doch wirklich paradiesische Zustände!
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