Ein sensationeller Abschied: Stipendiatin Marie-Alice Schultz beendet ihren Aufenthalt mit einem „Zwischenfall“
Mit einem mehr als schönen Text verabschiedete sich die diesjährige Lutz-Stipendiatin Marie-Alice Schultz aus Pfaffenhofen.
Selbst Kulturreferenten Steffen Kopetzky fehlten nach der Lesung des „Zwischenfalls“ nach eigener Bekundung die Worte, so gut geschrieben und passend für Pfaffenhofen sei der Text, den Alice-Marie Schultz unter dem Titel „Gegebenenfalls ein Messer“ bei ihrer Abschluss-Lesung präsentierte. Die Stipendiatin konstruierte ihren eigenen Zwischenfall als Erbfall, den unglaublichen Zufall nutzend, dass ein Freund aus Wien eine Wohnung in Pfaffenhofen erbte, samt persönlichem Nachlass der verstorbenen Tante.
Die Auseinandersetzung mit dem Nachlass und insbesondere mit dem Leben der Verstorbenen, die eine Vertriebene aus Schlesien war, bildet die Basis des Textes. Die Reflexionen über das Schicksal der Tante nach dem Krieg und ihre Zeit in Pfaffenhofen, beschrieben über die Einbeziehung verschiedenster Zeitdokumente wie etwa Briefen von Verwandten oder auch Behörden, in Verbindung mit einer genauen Beobachtung des Lebens in Pfaffenhofen während des dreimonatigen Aufenthalts, erzeugen den ganz speziellen Sound des Textes. Sehr fein und genau konstruierte Schultz die verschiedenen Ebenen des Textes, springt zwischen eigenem Erleben, Reflexion über das Leben der Verstorbenen und minutiös formulierten Miniaturen über die Stadt. Sie erschuf damit ein ganz besonderes Porträt der Stadt, das nicht nur die Gegenwart abbildet, sondern auch die Vergangenheit.
Manch einer im Publikum mochte sicherlich während der Lesung Zweifel entwickeln, ob hier nicht dem Zufall auch nachgeholfen wurde, so abstrus waren die zufälligen Verbindungen und so sehr passte dieser Text nach Pfaffenhofen und so genau war er das, was man bei der Begründung des Literatur-Stipendiums als Ergebnis für einen Aufenthalt eines Literaten in Pfaffenhofen erhofft hatte. Doch wer auch immer Zweifel hatte, sie wurden sofort zerstreut durch die zufällig(!) anwesenden Bekannten der verstorbenen Pfaffenhofenerin, die sie in den Charakterisierungen im anonym gehaltenen Text erkannt hatten und die überzeugt waren, dass der Text der Toten gerecht würde und ihr sicherlich gefallen hätte. Sehr bescheiden nahm Marie-Alice Schultz den anhaltenden Applaus des begeisterten Publikums auf und dankte für die schöne Zeit in Pfaffenhofen.
Was man dem Text auch anmerkte: Die Künstlerin und Literatin Schultz hat einen guten Kontakt zur Stadt gefunden. Während ihres Aufenthalts im Flaschlturm hat sie selbst aber auch viele Spuren hinterlassen: Sie las in der Kreisbücherei, wo sie auch als Jury-Mitglied an einem Lyrik-Wettbewerb für Jugendliche teilnahm, und am Schyren-Gymnasium vor einer Schulklasse. Außergewöhnlich war sicherlich ihre Aktion während der Langen Nacht der Kunst und Musik, die zwischen Performance, Kunst und Literatur schwebend, unter dem Titel „Meteoriten-Miniaturen“ so manchem Pfaffenhofener ein besonderes Erlebnis bescherte: Auf Matratzen im Durchgang des Flaschlturms liegend, konnten die Besucher bei dieser Gelegenheit an die Decke projizierte Meteoriten-Aquarelle betrachten und dabei kleine poetische Miniaturen über den Aufprall von Meteoriten und ihrer Wirkung auf die betroffenen Menschen hören.
Nach drei Monaten hat Marie-Alice Schultz nun plangemäß ihren Aufenthalt beendet und ist weitergezogen nach Köln, wo sie Stipendiatin des Landes Nordrhein-Westfalen ist und am Projekt „stadt.land.text“ mitwirkt.
Ab August ist damit auch wieder die Bewerbungsphase für das Lutz-Stipendium für Literatur in Pfaffenhofen eröffnet. Informationen und Richtlinien zum Stipendium sind auch auf der Internetseite der Stadt zu finden unter www.pfaffenhofen.de/lutz-stipendium.
Autor:Kulturamt Pfaffenhofen aus Pfaffenhofen |
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