Kriegsende, Revolution, Neubeginn – Pfaffenhofen im Jahr 1919
Pfaffenhofen erlebte nach dem Ende des Ersten Weltkriegs im November 1918 eine Zeit der politischen und wirtschaftlichen Unsicherheit, die das gesamte Folgejahr über anhalten sollte. Die Auswirkungen des Kriegs und die nachfolgenden instabilen Verhältnisse stellten die Verantwortlichen der Stadt vor neue, bis dahin unbekannte Aufgaben.
Die „Rätezeit“ in der Stadt
Noch am Tag der Ausrufung des Freistaats durch den ersten Bayerischen Ministerpräsidenten Kurt Eisner in München am 8. November 1918 fuhren Autos mit Soldaten von der bayerischen Landeshauptstadt nach Pfaffenhofen und verkündeten am Hauptplatz das Ende des Königreichs Bayern. Der in Pfaffenhofen stationierte Militärmusiker Paul Gohlke hatte als Vorstand des hier gebildeten Soldatenrats bis Februar 1919 in der Stadt das Sagen, als die letzten Soldaten abzogen und sich der Rat auflöste. Vordringliche Aufgaben der neben dem Soldatenrat etablierten Arbeiter- und Bauernräte waren die Integration der heimkehrenden Soldaten, die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung, die Sicherung der Versorgung und nicht zuletzt die Überwindung der herrschenden Wohnungsnot.
Erwachen des politischen Lebens
Noch im November 1918, wenige Tage nach Kriegsende, setzte das politische Leben ein. Zu bestimmenden Kräften entwickelten sich der Anfang Dezember 1918 gebildete Ortsverein der SPD, die neu gegründete „Bayerische Volkspartei“ (BVP) sowie die „Freie Bürgerliche Vereinigung“ (FBV), die ab der zweiten Jahreshälfte 1919 den künftigen Kurs Pfaffenhofens bestimmten. Bei den Kommunalwahlen vom 15. Juni 1919 – ab diesem Jahr konnten auch Frauen als Wählerinnen die politischen Geschicke mitbestimmen – erhielt die Listenverbindung von BVP und FBV sieben Mandate, auf die SPD entfielen die verbleibenden fünf Sitze im Stadtrat.
Ausstrahlen der Revolution in München auf Pfaffenhofen
In der bayerischen Landeshauptstadt eskalierten nach der Ermordung Kurt Eisners am 21. Februar 1919 die Auseinandersetzungen zwischen den „Roten“, die am 7. April 1919 in München eine Räterepublik nach sowjetischem Vorbild etabliert hatten, und den auf Seiten der Regierung stehenden „Weißen“, denen die Wiederherstellung der alten Ordnung vorschwebte. Im Zuge der sich von München nach Norden verlagernden Auseinandersetzungen zwischen den verfeindeten Gruppen kam es auch in Pfaffenhofen zu bewaffneten Konflikten.
Doppeldecker warfen Flugblätter über der Stadt ab, um die Bevölkerung über die aktuelle Lage aufzuklären. Am 16. April errichteten von der bayerischen Regierung angeforderte Freikorps-Einheiten Straßensperren und stellten im Bereich der Gritschstraße Geschütze auf, mithilfe derer sie in Richtung Bahngleise feuerten, als sich ein Zug mit „Roten“ näherte. Die Zuginsassen befanden sich auf dem Weg nach Bamberg, um die dort tagende Regierung Hoffmann abzusetzen, und wurden gefangen genommen. Mit der Niederschlagung der Münchner Räterepublik Ende April beruhigte sich die politische Lage wieder.
Anhaltende Krisenzeit
Die Probleme der Zeit jedoch blieben über das Jahr 1919 hinaus bestehen. Die Bildung einer Bürgerwehr sollte den Einbrüchen in Pfaffenhofen und dem verbreiteten Schwarzhandel entgegenwirken. Der Mittelstand konnte Arbeitssuchenden keine Arbeitsplätze anbieten, da der wirtschaftliche Aufschwung ausblieb und die Arbeitslosigkeit fortbestand. Trotz aller Bemühungen war es mangels Baumaterials nur in Ansätzen möglich, die herrschende Wohnungsnot zu überwinden.
Autor:Stadtarchiv Pfaffenhofen an der Ilm aus Pfaffenhofen |
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