Neue „Stadtgeschichte(n)“ und Ausstellung im Rathaus zu Stadtrecht und Rechtspflege
Auf eine Reise zurück in die Zeit, als Pfaffenhofen eigene Rechtsprechungsbefugnisse für leichtere Vergehen besaß und die landesherrliche „Blutgerichtsbarkeit“ in der Stadt ausgeübt wurde, geht es in einer rechtsgeschichtlichen Ausstellung im Foyer des Rathauses. Der Bogen spannt sich dabei vom 12. Jahrhundert bis zum Ende der alten Strafrechtspraxis im Jahr 1811, als Folter und „mittelalterliche“ Hinrichtungsarten in Pfaffenhofen der Vergangenheit angehörten.
Erste Rechtskompetenzen durch die Wittelsbacher Herzöge
Pfaffenhofens Aufstieg begann im 12. Jahrhundert. 1140 zum ersten Mal erwähnt, erhob Herzog Ludwig „der Kelheimer“ den Ort um 1197 zum Markt und stattete ihn mit dem Recht zur Abhaltung von Wochen- und Jahrmärkten aus. Damit verbunden war in der Folgezeit die Vergabe erster Rechtskompetenzen, die das Gewerbe- und Handelsleben betrafen. Gewerbeaufsicht, Qualitätskontrolle und die Einhaltung der Ordnungen gingen in die Hände von „Bürgermeister und Rat“ über.
Die Verleihung des „Münchner Stadtrechtsbuchs“ an Pfaffenhofen
Die ab 1180 im Herzogtum Bayern regierenden Wittelsbacher gewährten dem Markt Pfaffenhofen, der auch strategische Bedeutung besaß, weitere Rechte. Durch die Vergabe sogenannter „Freiheiten“ und Privilegien“ konnten Bürgermeister und Rat kleinere Delikte und Ordnungswidrigkeiten ahnden und bestrafen. Die Vergabe des „Münchner Stadtrechtsbuchs“ an Pfaffenhofen im Jahr 1335 schuf eine erste umfassende Richtlinie für die Rechtsprechung und die Ordnung des Gemeinwesens. Pfaffenhofen erhielt aber noch nicht den Rang einer Stadt, als solche ist es erst 1438 nachgewiesen.
Die Ausübung der „niederen“ Gerichtsbarkeit“ in der Stadt
Im Herzogtum Bayern bestanden bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts zwei getrennte Rechtskreise, die „hohe“ und die „niedere“ Gerichtsbarkeit. Letztere betraf einfache Vergehen und Straftaten wie die Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die Einhaltung der Gewerbeordnungen oder Beleidigungssachen.
Überlanges Trinken und Zechen in den zahlreichen Wirtshäusern und Brauereien war ein häufiges Delikt, über das die Stadtoberen zu urteilen hatten. Am 30. Mai 1767 belegte der Rat fünf Bürgersöhne mit einer Strafe von je 250 Steinen (Geldwert insgesamt 1 bis 2 Gulden), da sie in zwei Wirtshäusern über die erlaubte Zeit hinaus „zechent angetroffen“ worden waren. Die Steinstrafe war sehr verbreitet und diente der Ausbesserung des Straßenpflasters oder der Stadtmauer.
Der Bierbrauer Johann Zunhammer wurde im selben Jahr vor- und nachmittags eine Stunde in den Stock geschlagen. Er hatte sich gegenüber der Obrigkeit ungebührlich benommen und Stadtrat und Bürgermeister „theils ungehorsam, widerspenstig und noch dazu mit ausgestossen gefährlichen Betrohungen“ beleidigt.
Verbreitet war das Einsperren von Übeltätern bei Wasser und Brot. Sowohl der „Hungerturm“ am Stadtgraben als auch der „kalte“ oder „Strafturm“ an der Unteren Stadtmauer dienten dem Zweck der kurzzeitigen Internierung.
Der „Burgfrieden“: Rechtsgrenze der Stadt Pfaffenhofen
Der Rechtsbezirk, in dem die Stadt ihre diesbezüglichen Kompetenzen ausüben durfte, war der „Burgfrieden“, der auch Markthändlern Schutz bot. Er umfasste neben dem unmittelbaren Stadtgebiet zahlreiche Äcker und Wiesen und besaß eine wesentlich größere Ausdehnung als der Ort. Im Jahr 1689 wurde der Burgfrieden nach jahrzehntelangen Streitigkeiten um den Grenzverlauf mit 12 Steinen „abgemarkt“, damit für alle sichtbar war, wo der Rechtsbereich der Stadt endete.
Hinrichtungen in Pfaffenhofen
Die „hohe“ oder „Blutgerichtsbarkeit“ ahndete die sogenannten „todeswürdigen“ Verbrechen wie Totschlag, schweren Diebstahl und Raub und war dem Landesherrn bzw. seinen Vertretern, den Landrichtern oder Pflegern, vorbehalten. Ab dem 17. Jahrhundert sind zahlreiche Hinrichtungen nachgewiesen, die in Pfaffenhofen am Galgen an der Anhöhe beim Bahnhof oder an der „Hauptstatt“ in der Nähe der heutigen Moosburger Unterführung vollzogen wurden. Erst im Jahr 1811 endete mit der Enthauptung des Brandstifters Franz Xaver Dobmayr diese überkommene Form des Strafvollzugs in Pfaffenhofen.
Autor:Stadtarchiv Pfaffenhofen an der Ilm aus Pfaffenhofen |
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