Der Besondere Film: Paterson
Genre: Drama, Tragikomödie
Herkunftsland/Jahr: USA 2016
Regisseur: Jim Jarmusch
Darsteller: Adam Driver, Golshifteh Farahani
Länge: 123 Min.
Jim Jarmusch ist eine Indie-Ikone, d.h. einer der wichtigsten Vertreter der von Hollywood unabhängigen Regisseure. Produktion und Vermarktung seiner Filme sind bisher immer in seiner Hand verblieben. 1953 in Ohio geboren, arbeitet er zunäachst als Musiker und Schauspieler, danach studierte er englische und amerikanische Literatur bevor er sich dem Filmemachen zuwandte. Seine wichtigsten Filme sind Down by Love (1986), Night oh Earth
(1991), Dead Man (1995). Sie gelten als stilprägend.
Über die Jahre hinweg ist sich Jarmusch seiner Distanz zur heutigen Konsumwelt treu geblieben und hat in den verschiedensten Genres immer wieder Einzelgänger, Menschen am Rande der Gesellschaft gezeigt, zuletzt in Broken Flowers (2005) und der Vampirgeschichte Only Lovers Left Alive (2013). „Ich würde lieber einen Film über jemanden machen, der seinen Hund ausführt, als über den Kaiser von China“, sagte er einmal. Paterson ist sein 12. Langspielfilm.
Im Mittelpunkt der Handlung steht der Busfahrer Paterson (Adam Driver), der in der gleichnamigen Stadt Paterson, unweit von New York gelegen, seinem Beruf nachgeht. Sein Leben ist Routine: Er steht beinahe immer zur gleichen Zeit auf, küsst seine Frau Laura (Golshifteh Farahani) und geht nach einem einfachen Frühstück zur Arbeit. Mit seinem Bus der Linie 23 fährt er immer dieselben Wege der etwas heruntergekommenen Stadt ab. Dabei beobachtet er durch die Windschutzscheibe die Welt um ihn herum, blickt gelegentlich auf die hinter ihm sitzenden Passagiere und hört deren Gespräche mit. Nach getaner Arbeit isst er mit seiner Frau, die ihn immer wieder mit neuen Ideen überrascht, zu Abend, führt anschließend die Bulldogge Marvin aus, mit der ihn eine Art Hassliebe verbindet. Schließlich setzt er sich in seine Stammkneipe, um dort ein Bier zu trinken. In den folgenden Tagen der Woche wiederholt sich das mit kleineren oder größeren Variationen. Aber Paterson ist kein gewöhnlicher Busfahrer, sondern ein Poet, der in jeder freien Minute Gedichte in ein kleines Notizbuch einträgt, das er immer bei sich trägt. Alltägliche kleine Erlebnisse, oft auch nebensächlich erscheinende Dinge inspirieren ihn dazu. Sein Vorbild ist der amerikanische Dichter William Carlos Williams, dessen Satz „Alles und jedes ist brauchbar als Stoff für Gedichte, alles“ auch für die Patersons Texte gelten kann.
Manchmal liest er Laura, die künstlerisch interessiert ist, seine Gedichte vor. Sie drängt ihn, diese zu veröffentlichen, weil sie von seinem Talent überzeugt ist. Doch Paterson gibt sich lieber seiner kleinen Welt und dem schlichten Alltag hin, in dem er große Schönheit und Poesie entdeckt.
Was für seine Gedichte gilt, lässt sich auch für Jarmusch Film sagen: Mit viel Liebe zum Detail und gewohnt lakonischem Humor widmet sich der Regisseur seinen Figuren und der Stadt, in der sie leben. Es gibt kaum aufregende Ereignisse, keine Gewalt auf nächtlichen Straßen, wie man das aus dem aufgewühlten Amerika der letzten Monate kennt. Paterson ist ein Film der Entschleunigung, eine Art Gegenentwurf zum Blockbuster-Kino mit seinen Übersteigerungen und seiner Überforderung. Wichtig sind vielmehr die kleinen Dinge, die Nebensächlichkeiten, die aber das Leben ausmachen.
Nach der Vorstellung besteht die Möglichkeit zum Gespräch über den Film. Interessierte sind dazu recht herzlich eingeladen.
Weitere Filme, die von Filmkritikern sehr positiv bewertet werden:
Aloys von Tobias Nölle, Portrait eines Privatdetektives; Schweiz,Frankreich 2016
Sparrows von Runar Runarsson, Coming of Age-Drama; Island 2015
Ich, Daniel Blake von Ken Loach, Sozialdrama; GB 2016
Arrival von Denis Villeneuve; Science Fiction-Film; USA 2016
Nächster Termin für die Reihe „Der besondere Film“: Dienstag, der 10. Januar 2017
Titel des Films: steht noch nicht fest.
Ich freue mich, wenn wir uns zu den angegebenen Terminen wieder sehen und wünsche Ihnen bis dahin geruhsame Weihnachtsfeiertage und ein gutes neues Jahr.
Peter Dorn
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